Zur Zeit in Arbeit:

MEINE BISHERIGEN MEISTERWERKE:

Des Fehlerteufels Werk!

Obwohl ich fast täglich an meinen Texten hier auf dieser Homepage herumdoktere, wird sich der Fehlerteufel sicher ein Plätzchen einrichten. Was ich von ihm halte, habe ich in einem Ringelsatz verewigt. Wenn Sie ihm begegnen, tun Sie einfach so, als wäre er Luft. Ganz verscheuchen, lässt er sich wohl nie...

Wolfgang Herrndorf - der totkranke Schreibkünstler

Wolfgang Herrndorf schreibt das untenstehende Gedicht auf seiner Internetseite am 25. März 2012, träumt von einem Wunder, das ich mit ihm mitträume. In Plüschgewittern besucht er seine sterbenskranke Großmutter an der Ostsee, nimmt Abschied von ihr und beschwert sich massiv über die Brutalität, mit der der Tod zuschlägt. Als er jenen Roman vor ungefähr 10 Jahren schrieb, konnte er von seinem Hirntumor noch nichts wissen und spüren. Mich macht das Schicksal dieses hochtalentierten Schreibkünstlers sehr traurig. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

 

Bleib, mein goldener Vogel
Und tanze durch die Tränen
Und flüstere mir vom Leben
Im Himmel warten Bäume auf Dich
Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl
Rückruf ins Leben
Malt Mami jetzt den Himmel bunt?
Wie ich den Krebs besiegte und die Tour de France gewann
Mut und Gnade
Wunder sind möglich
Arbeit und Struktur

In Plüschtiergewittern - Wolfgang Herrndorf

In Plüschtiergewittern begegnet man als Leser jede Menge Schnapsleichen auf dem Weg des namenlosen Ich-Erzählers durch die Berliner Party- und Kneipenszene. Mehr als die Hälfte des Romans spielt aber außerhalb unserer Hauptstadt, deshalb ist dieser erste Herrndorf-Roman mehr als eine Berlinprosa...

 

"Ich stehe auf der Autobahnraststätte Würzburg-Haidt. in der Nähe der Ausfahrt, an einen blauen Mietlaster gelehnt." (1. Satz)

 

Es ist sozusagen der Rückfall des Ich-Erzählers in sein Single-Dasein. Eine gewisse Erika und er gehen in Zukunft getrennte Wege, sie fährt allein weiter nach Frankfurt, er trampt Richtung Hamburg, will dort seinen Bruder Volker und dessen Frau Marit besuchen. Bevor er dann weiter reist nach BERLIN, zu seinem schwulen Freund  DESMOND. Ihre Beziehung ist aber rein platonisch. Der namenlose Ich-Erzähler steht auf Frauen, Bier, Schnaps und andere Drogen. Der Roman erzählt die Geschichte von dem Versuch, seine Einsamkeit zu überwinden. Er steht nämlich ziemlich allein da in seinem Leben. Sein Bruder Volker ist noch so ein letzter Anlaufpunkt, obwohl beide doch sehr verschieden sind.

 

"Mein Bruder findet nichts Anstößiges daran, sein Leben dort zu beenden, wo es angefangen hat."

 

Er hat das elterliche Haus übernommen.

 

"Alles an ihm war fremdartig und langsam."

 

Fast die Hälfte des Romans spielt nicht in Berlin, sondern in Hamburg und in der Vergangenheit, erzählt, wie der Ich-Erzähler an sein ICH gekommen ist, wie er Erika kennenlernte, Anja Gabler, seine erste große Liebe und Malte Lipschitz, seinen Jugendfreund, und auch wie Volker und Marit sich kennenlernten und was der Bruder und Schwager davon hielt:

 

"Maximal vier Jahre später haben sie auch schon miteinander geschlafen."

 

Über Marit:

 

"Dabei würde sie nicht mal ein Aspirin schlucken, wenn sie einen Schädelbasisbruch hätte."

 

Manchmal ist der Ich-Erzähler (er kommt mir manchmal so vor wie der erwachsen gewordene Maiki Klingenberg aus TSCHICK, könnte entwicklungsmäßig passen, ich nenne ihn ab jetzt einfach so, Maikipaiki.) aber auch unmöglich. Auch die Aktion mit den "Pimmelgedichten" von Rilke ist wohl nicht nur auf zu viel Alkoholgenuss zurückzuführen.

 

"Schon richtet dein unwissendes Geheiss die Säule auf in meinem Schamgehölze."

 

Marit, großer Rilkefan, kann darüber gar nicht lachen. "Maikipaiki" schreibt über sich selbst ziemlich treffend:

 

"Ich war schon als Kind ziemlich bescheuert!"

 

Irgendwann beginnt er von dem Mädchen mit der hellblauen Jeans (Anja Gabler)zu träumen. Auch hier eine Übereinstimmung zu "TSCHICK", denn Maikipaiki Klingenberg verliebt sich unsterblich in Tatjana Cosic alias Anja Gabler. MALTE LIPSCHITZ ist der Tschick aus "TSCHICK", mit ihm knackte er Kaugummiautomaten und dazu meinte der Ich-Erzähler:

 

"Ich glaube, das war die glücklichste Zeit in meinem Leben."

 

Leider ist die Gegenwart als 30iger nicht mehr ganz so schön. Auf seiner Stippvisite in Hamburg bei seinem Bruder macht er auch einen Abstecher zu seiner Großmutter in Süderbarup, die sterbenskrank ist. Bei ihr verbrachte er als Kind die Sommerferien, schöne Erinnerungen, schmerzlich für ihn, seine einstmals so geliebte Großmutter leiden zu sehen. Was seinen Weltschmerz noch anheizt.

 

"Das ist dann die Krönung eines verpfuschten Lebens, am Ende nochmal so sehr traktiert zu werden."

 

Schließlich landet er, der immer noch namenlose Ich-Erzähler (wird bis zum letzten Satz auch so bleiben, in meinen Augen ist und bleibt es Maik Klingenberg) in BERLIN, bei seinem schwulen Freund Desmond. Hier findet er die Möglichkeit, seine Einsamkeit und seinen Weltschmerz mit Alkohol, Zigaretten, anderen Drogen und vielen Leuten um sich herum, die ähnlich durchgeknallt ticken wie er, zu verdrängen, klein zu halten.

 

"Dieses Gefühl, das ich lange schon nicht mehr hatte, dieses angenehme, warme und sichere Gefühl, dass ich nicht allein bin. Dass alles in Ordnung ist, dass man mich nicht vergessen hat."

 

So zieht er mit seinesgleichen von einer Party zu nächsten, von einer Kneipe zur anderen, eine riesengroße Sauftour. Dabei lernt er auch INES NEISEKE kennen, verliebt sich in sie. Er nennt das aber nur eine "Betrunkenheitsküsserei", in Wahrheit ist es der ewige Wunsch nach Nähe und Zärtlichkeit. Natürlich gibt es kein Happy End für unseren Romanhelden.

 

"Ich sehe Ines als zwei kleine Punkte auf zwei kleinen Rennrädern am Ende der Straße und wüsste jetzt doch gern, ob sie sich auch umgedreht hat."

 

Am Ende des Romans landet ER wieder in Hamburg bei seinem Bruder, der auch das letzte Wort hat. Das letzte Kapitel erzählt Volker, und das hört sich alles gar nicht gut an für den erwachsenen Maikipaiki. Er scheint mit seinem Latein ziemlich am Ende zu sein.

 

"Er rief mitten in der Nacht an und sagte: Ich habe nichts mehr, ich weiß nicht, was soll ich machen."

 

Jedenfalls nicht seinen Bruder bestehlen und auch nicht dessen Frau Marit permanent anmachen und versuchen, immer noch die colle Sau rauszulassen.

Volker schreibt über seinen Bruder:

 

"So war er immer, er musste alles ins Lächerliche ziehen."

 

"Das Hauptproblem war, dass er sich nicht helfen lassen wollte."

 

ER reist zum Schluss nach Frankfurt zu seiner Ex-Freundin Erika weiter, sein Leben muss er selbst leben oder eben auch nicht. So wie Volker und Marit ihres weiterleben, und nicht gerade unglücklich wie ER.

Letzter Satz des Romans:

 

"Wenn es ein Junge wird, werden wir es nach ihm benennen." hat Marit gesagt, und ich habe gelacht, da kann man nur hoffen, dass es kein Junge wird."

 

Eigentlich ist es egal, was, also welche Geschichte, Herrndorf uns erzählt, auftischt. Sie ist immer lesenswert und literarisch also sprachlich ergiebig und beste Leseunterhaltung und mitten aus dem Leben gegriffen, aus seinem wahrscheinlich! Ich werde alles von ihm lesen, was ich in die Finger bekomme. Auch seinen Blog im Internet unter www.wolfgangherrndorf.de ist zu empfehlen. Schließlich ist dieser Schreibkünster sterbenskrank mit einem Hirmtumor.

 

 

 

Druckversion | Sitemap
© Autor Wolfgang Pache