Zur Zeit in Arbeit:

MEINE BISHERIGEN MEISTERWERKE:

Des Fehlerteufels Werk!

Obwohl ich fast täglich an meinen Texten hier auf dieser Homepage herumdoktere, wird sich der Fehlerteufel sicher ein Plätzchen einrichten. Was ich von ihm halte, habe ich in einem Ringelsatz verewigt. Wenn Sie ihm begegnen, tun Sie einfach so, als wäre er Luft. Ganz verscheuchen, lässt er sich wohl nie...

So ein Buch ist ja ein kleines Wunder: äußerlich lediglich eine zusammengeleimte Sammlung von Papierblättern, umschlossen von immer kreativer werdenden Buchdeckeln - Papier und Druckerfarbe, sonst nichts. Aber welch ein INNENLEBEN!!

Immer wieder gehe ich auf Lesereisen, entdecke stets neue Seiten in den Büchern dieser Welt und dadurch auch an mir...und möchte von meinen Kopfreisen berichten, schwärmen, damit auch ihr da draußen vielleicht ins Schwärmen geratet. Ist das schon schwarmintelligent? Auf jeden Fall erfahrt ihr hier brandaktuell, wer mein neuer Schwarm ist....

Diese Taugenichtse taugen viel...(27.02.2020)

"Eines strengen Winterabends, als so eine Unwirklichkeit über London liegt, mit einem Nebel, der ruhelos schläft über der Stadt, ..., da nimmt Moses Aloetta den 46er Bus Ecke Cheptow Road und Westbourne Grove Richtung Waterloo, jemand vom Zug abholen, der aus Trinidad kommt." (1. Satz)

 

Ich sitze mit im Zug, steige hinter Galahad alias Henry Oiver aus und hänge mich an ihn und Moses dran, wir schreiben die Jahre nach dem Krieg, der Roman ist 1956 in England erschienen, aber erst 2017 bei uns in Deutscher Sprache rausgekommen. Die Übersetzerin Miriam Mandelkow hat tolle Arbeit geleistet, der Autor Samuel Selvon sowieso. Und Moses Aloetta leistet als eine Art Streetworker für seine Jungs von den Westindischen Inseln wie Trinidad, Tobago, Barbados... auch tolle Arbeit, alle Achtung. Ziehe meinen Hut, er hat selbst nicht viel, nur das Nötigste, und davon gibt er noch ab, was geht. Vor allen Dingen hat er Erfahrung, wie man als Migrant in London über die Runden kommt, und ein weiches Herz, Helfergen, kann einfach nicht NEIN sagen, wenn man ihn bittet. Er und die Jungs aus der Karibik sind eigentlich gut drauf, als hätten sie den Raeggiesound durch die Muttermilch für alle Ewigkeiten eingesaugt. Ich fühle mich sehr wohl in ihrer Gesellschaft. Es zegt sich mal wieder, dass man nicht viel braucht, um ein glücklicher Mensch zu sein. 

 

"Ein bisschen Arbeit, ein bisschen Essen, ein bisschen Schlaf irgendwo. Wir verlangen doch nicht die Sonne oder den Mond. Wir wollen klarkommen, nicht mal vorankommen..."

 

"Gott, das ist das Leben, das ist es. Was Flottes abholen und dann wohin ausführen."

 

Die Jungs um Moses Aloetta, allesamt schräge Typen, Lebenskünstler, angehauchte Hochstapler, machen Drecksarbeiten für wenig Geld und laufen trotzdem tanzend, singend und pfeifend durch ihre Tage. 

Ich fühle mich sehr wohl bei Ihnen, beneidenswert, diese Lockerheit, mit der sie versuchen, den Augenblick auszukosten. Ich kann nur wünschen, dass auch ihr da draußen diesen Jungs mal begegnet. Nicht nur beneidenswert sondern auch bereisenswert!

Was bringe ich von dieser Reise mit heim?

Klarkommen-sein Auskommen haben-vorankommen im Sine von Dazulernen nicht im Sinne von Geld und Reichtum anhäufen, lieber mehr sein als haben! Und natürlich "was Flottes" und Zuverlässiges an seiner Seite...,um gut durch dick und dünn zu kommen...

 

"Eine Sommernacht, sanft fallendes Lachen: So eine Nacht, da hat man das Gefühl, wenn man nicht gerade einer Frau Liebe macht, man ist so der einzige Mensch in der Welt." (letzter Satz)

 

Mein Kommentar ins Buch geschrieben, Tinte ist trocken:

Sich selbst muss man doch wichtig nehmen, wer soll es sonst tun?  

Viel zu viel Schatten als Licht...(17.02.2020)

Eigentlich habe ich immer einen guten Riecher für gute Bücher, aber hier habe ich daneben gegriffen. 200 Seiten (die langweiligstes Hälfte meines Leselebens) habe ich gehofft, dass mehr Licht in dieses Stück Literatur kommt, vergebens die Lesemüh! (Buch) Klappe zu, ab in die Tonne...Meghan fand ich interessant, aber von ihr kam viel zu wenig, nur kurze Rückblenden in Briefform an ihren Bruder Tobey. Die Geschichte trival, kitschig, hahnebüchen, jenseits aller Glaubwürdigkeit,  die Schreibe überhaupt nicht kreativ, zäh wie schlechtes Fleisch und viel zu detailiert und dabei nichtmals originell. Muß ICH wirklich nicht zu Ende lesen...

Die Hoffnung stirbt zuallerletzt! (09.02.2020)

"Es war einmal oder nicht, so beginnen die Märchen in Afghanistan." (1. Satz)

 

Das hätte ich nicht gedacht, dass ich mich mal nach Afghanistan traue, seit Jahrzehnten Kriegsgebiet, Patriarchat, die alten Männer regieren das Land und treiben nach wie vor junge Burschen in den freiwilligen Tod, sprich sich selbst in die Luft zu jagen und andere mit. Allah sei so groß, lügt man sie an, und sie nehmen es ihnen ab. Roger Willemsen hat mich mitgenommen, unter Hochsicherheitsbedingungen, wir schreiben das Jahr 2012, wir wollten uns ein Bild machen vorort in den neu errichteten Mädchenschulen und wie es den Frauen in Afghanistan geht. Mein Eindruck, besser, aber immer noch weit weg von heimischen, menschenwürdigen Standards, auf gutem Weg vielerorrts, ich bewundere meinen Reiseführer, dass er sich so stark gemacht hat für Mädchen und Frauen. Sie alle wollen lernen dürfen und einfach nur in Frieden leben. Sie sind demütig und dankbar für jede Hilfe von außen, haben ihm Briefe geschrieben und Bilder gemalt, als kleines Dankeschön. Roger Willemsen ist viel zu früh gestorben, ein kluger Geist und ein gutes Herz.

 

"Es ist genug Blut geflossen...Ich bin froh, dass Du gekommen bist und es mit eigenen Augen gesehen hast." (Letzte Sätze)

 

Interessant auch zum Thema, habe ich selbst gelesen, spannende Lektüre, kann ich nur empfehlen:

Siba Shakib "Nach Afghanistan kommt der Gott nur noch zum Weinen"

Khaled Hossini "Der Drachenläufer" 

Wo geht die Reise hin? Alles scheint möglich... (4.2.2020)

"Glaubt man Science-Fiction-Filmen und -Büchern, werden irgendwann künstliche Wesen unsere Erde überschwemmen." (1. Satz)

 

Bas Haring fragt in seiner philosophischen Abhandlung "Sind wir so schlau, wie wir denken?" Ich glaube ja, aber auf der anderen Seite auch dumm wie Bohnenstroh. Sein Buch ist eine unterhaltsame Lesereise, ein großes Gedanken- und Wortspiel, aber bitte nicht zu ernst nehmen, eine Spinnerei, kann man ja mal machen. Die Künstliche Intelligenz (Roboter, Maschinen, Computer) wird überbewertet, und ein Großteil der Menschheit bleibt unter seinen Möglichkeiten sprich mehr Tier als Mensch, meine Meinung, nicht die des Autors. Vielleicht rotten wir Menschen uns sogar selber aus, fahren die Evolution runter auf Null, und alles geht wieder von vorne los, Milliarden von Entwicklungsjahren verspielt. Oder wir rotten uns zusmmen und kriegen doch noch die Kurve, vergessen das Tier in uns und wenden uns wahrer menschlicher Größe zu. Alles ist denkbar, denn die Gedanken sind frei. Das gilt auch für die von Bas Haring, Spaß zu lesen macht es allemal.

 

"Aber ob wir nun Maschinen sind oder nicht, wir sind so ziemlich das interessanteste Phänomen, das es auf diesem Planten gibt. Das einzge Tier, das sprechen kann, das Kunst hervorbringen kann, das seine Führer demokratisch wählt, Krankenhäuser baut, Autos erfindet und an sich selbst glaubt, nur, wie lange sind wir noch die Einzigen?" (Letzter Satz)

 

Leben voller Widerfahrnisse...(30.01.2020)

"Diese Geschichte, die ihm noch immer das Herz zerreisst, wie man sagt, auch wenn er das nicht sagen würde, nur hier ausnahmsweise, womit hätte er sie begonnen." (1. Satz)

 

Ich komme gerade aus dem sonnigen Süden heim, habe eine Mitfahrgelegenheit genutzt, ganz spontan, der ehemalige Kleinstverleger Reither und die ehemalige Hutladenbesitzerin Leonie Palm haben mich auf ihrem Tripp ins Land der Mafiosi mitgenommen, bzw, ich bin einfach mit eingestiegen in ihr Cabrio, haben die beiden gar nicht gemerkt, waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Späte Liebe, würde ich sagen, die beiden jungen Senioren aus einer Seniorenappartmentanlage in der Schweiz wollten eigentlich nur zum Achensee, weil es so schön war, sind sie durchgestartet, ohne Gepäck, nur mit sich und Kreditkarten. Da kann man mal wieder sehen, was einem so alles widerfahren kann, im postiven wie im negativen Sinn. Bodo Kirchhof hat seine Erzählung von dieser Liebesspontanreise im Hier und Jetzt auch "WIDERFAHRNIS" betitelt, interessant, das Wort kannte ich bisher gar nicht. Aber so ganz ohne Vergangenheit geht es bei den knapp über Sechzigern natürlich nicht ab, hinterlässt Spuren und Narben, ist doch klar. Und das Ende war auch nicht so schön, dazwischen das schon, habe ihnen gern zugehört und zugesehen, bischen rumgespannt, tut man als Lesereisender ja immer. Der letzte Satz spricht Bände, es gibt viele gute Sätze und Wörter, die gefallen sind auf diesem literarischen Ausflug. Verleiht echt Flügel. Kann ich nur empfehlen....

 

"...und eine Karte, auf der stand, dass ein Hut als Bedeckung für den rasierten Kopf ein zu billiger Trick sei, so wie das Buch, das man sich selbst druckt - und deine schöne Jacke, Reither, die folgt, sobald ich sie nicht mehr brauche." Letzter Satz

Bei den Poeten der Nacht im Land der Dichter und Trinker (22.01.20)

"Aber am Anfang waren da nur Wörter." (1. Satz)

 

Ich bin gerade zurück aus Dublin. War einer Einladung gefolgt von einem der Poeten der Nacht, Niall Lenihan, 19 Jahre alt, der gerade sein Französischstudium aufnimmt, bzw. letzendlich eher das freizügige Leben als Student geniesst. Er schleppte mich von Kneipe zu Kneipe, wir machten die Nacht zum Tag. Schließlich landeten wir in so einem geheimnisvollen Lesekreis mit dem Namen "Pour mieux vivre", und da musste ich feststellen, war nicht meins, zu viel Hokuspokus. Ich glaube zwar auch an die Magie der Bücher, an die Kraft des geschriebenen Wortes, aber dass Bücher wahrsagerische Kräfte haben sollen, dass beliebig ausgewählte Textstellen aus zufällig griffbereiten Büchern (Sortes) Aussagekräfte über das wirkliche Leben haben sollten (Synchronizitäten), da konnte ich Niall nicht mehr folgen. Ich glaube sowieso, dass es Niall hauptsächlich um die Nähe zu John, auch ein Nachtpoet, ging. Niall liebte Männer, nahm mich mit in Schwulenkneipen, das ging mir etwas auf den Keks. Gut, dass ich nicht sein Typ war, dann hätte ich meine Dublinreise sicher vorzetig beendet. Niall und überhaupt Homosexuelle merken ja sofort, dass man vom anderen Ufer ist, ich saß dabei, trank mit und hörte mir alles an, schaute hin. Nialls Kommilitonin Fionnuala fand ich noch sehr sympathisch, sie hatte wie er ein Beckett-Stipendium und kümmerte sich um Niall wie ein Freund, aber so richtig gecheckt hat er das nicht. Er wurde immer besessener von diesem Lesekult, reiste John und Sarah (der anderen Poetin der Nacht, Hardcore, wenn ihr wisst, was ich meine, absolute Führungsperson, auf die John scharf war, meiner Meinung nach) nach Paris nach, da habe ich mich dann ausgeklinkt, nur noch aus der Ferne betrachtet, sprich zu Ende gelesen. Der irische Autor Barry McCrea wurde mir auf dem Cover als typischer irischer Meistererzähler angepriesen. So richtig hat sich das  mir nicht erschlossen, Frank McCourts "Asche seiner Mutter ist dch noch ein ganz anderes Kaliber, wenn mich jemand fragen sollte. Die Reise zu Niall nach Dublin hat mir trotzdem Spaß gemacht, was aus ihm wohl noch werden wird? Ob er den Absprung von diesem Lesekult schafft? Bestimmt, er ist ja noch jung und wird sich noch in viele andere Männer verlieben. Viel Glück, mein Freund!

 

"Und wir tranken auf das glückliche Studentenleben, das vor uns lag."  (Schlußwörter)

 

 

Lesespaß, aber auch harte Textarbeit (20.12.2019)

"Es war einmal ein Junge, der wurde in der Stadt Bombay geboren." (1. Satz)

 

Sein Name ist Saleem Sinai, eines von zwei besonderen, aber auch von noch vielen anderen Mitternachtskindern, genauer am 5.8.1947, als Indien von der britischen Kolonialmacht in die Unabhängigkeit entlassen wird. 

"Die Mitternachtskinder" ist ein dicker Wälzer (über 700 Seiten relativ klein und eng beschrieben), viele fremde Namen und Begriffe und aberwitzige und abergläubige Gedanken und Formulierungen, auf der einen Seite großer Lesespaß, aber auch harte Lese- und Textarbeit. Wenn man aber erstmal drin ist im Roman, wirklich lesenswert und große Schreibkunst. Also nicht zu früh aufgeben!!! Es lohnt sich, Lesefleiß zu entwickeln. Man geht geläutert daraus hervor, demütiger und dankbarer denn je, mir ging es jedenfalls so. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie glücklich ich mich schätze, nicht in Indien oder sonstwo ins Leben geboren worden zu sein sondern hier in unserem schönen Land und genau zur richtigen Zeit. 

 

"...denn es ist das Vorrecht und der Fluch vor Mitternachtskindern, sowohl Herr als auch Opfer ihrer Zeit zu sein, dem Eigenleben zu entsagen und in den zerstörerischen Strudel der Massen gezogen zu werden und nicht in Frieden leben und sterben zu können."

(Letzter Satz)

 

Lekys Schreibe bleibt was Besonderes! (05.11.19)

"Ich liebe dich", sagt Sylvester, und er sagt das, als würde ihn jemand dabei fotografieren." (1. Satz)

 

Sylvester ist nicht nur fotogen, auch ein Frauenschwarm. Die Ich-Erzählerin (wird namentlich nicht beschrieben, vielleicht ist es Mariana Leky in jungen Jahren), studiert, jobbt in einem Kleintierladen, die beiden leben in einer WG, sind aber kein Paar, waren es wohl, und werden es am Ende auch wieder sein, aber während der Romanzeit eben nicht. Weil, darum geht es nicht. Es geht um Mathilda mit ihrer Angststörung und dem irischen Wolfshund Januar, die sich zu ihnen gesellt, die beiden leisten mehr als "ERSTE HILFE". 

 

"Matilda sieht aus, als sei jemand hinter ihr her."

 

Wohl dem, der mindestens einen Menschen hat, der weniger Ängste hat als der Angstgestörte selbst, Matilda hat zwei und Januar.

 

"Wir überlegen, was dazu führen kann, dass man sich plötzlich nichts mehr traut."

 

Und sie suchen gemeinam mit viel Gefühl füreinander und relativ wenig Worten und viel Zwischenraum (Lekystil) nach Lösungen. 

 

"Januar guckt mich an. 'Es klingelt sagt er.'" (Letzter Satz)

 

Ein kleiner Roman (180 Seiten), ein großes Lesererlebnis!

Das Moor schluckt vieles, aber nicht alles! (02.11.2019)

"Paul hielt den Löffel mit dem Zucker in der Hand und starrte durch das Fenster des Cafés." (1. Satz)

 

Paul (Kück) Wendland, leiblicherseits dann doch ein halber Ohlrogge, ist Mitte Dreißig, lebt in Berlin, hat dort eine Galerie eröffnet. Seine Freundin Christina bricht gerade nach Barcelona auf, um dort eine Stelle als Biologiewissenschaftlerin anzutreten. Da erreicht ihn der Weck-, Not- oder Lockruf seiner Mutter Johanna aus dem bekifften Lanzerote, er müsse sich um das familiäre Anwesen in Worpswede kümmern, es droht im Moor zu versinken. 

So ähnlich wie Paul dann in der Vergangenheit seiner Familie, es treten so herrlich skurille Typen auf, zum Schießen komisch und traurig zugleich. NULLKÜCK zum Beispiel, der geistig etwas zurückgebliebene Hausmeister und Hausbesetzer, der den ganzen Tag nur Buchweizenpfannkuchen macht und in früheren Zeiten Liebesbriefe vom Trecker den Frauen auf den Feldern zuwarf. Oder der Maler Peter Ohlrogge, der leibliche Vater von Paul, der von seiner Mutter damals abserviert wurde und seinen Nebenbuhler zum Duell herausforderte. Der Schuss ging dann aber von Pauls Großvater aus genau ins Bein des Schmerzverliebten, die Rache folgte auf den Fuß: Ohlrogge löschte in Feuerwehrmannmanier die Hochzeitsgesellschaft seiner geliebten Johanna mit mächtigen Güllestrahlen aus dem Güllewagen von Bauer Renken. Aus dieser Eifersuchtsnummer kommt er ein Leben lang nicht mehr raus. 

"Was Scheisse, wenn sie juristisch wird, plötzlich kostet!"

Die zentrale Figur in der Familie Kück ist Pauls Großvater, der Bildhauer Paul Kück sen., der lebensgroße Bronzefiguren schafft und alle im Garten des Anwesens aufmarschieren lässt: Luther, Napoleon, Willy Brandt, Max Schmeling, Rilke, Rühmann, Einstein, Nietzsche, seine Frau Greta und seine Geliebte, Schwägerin Marie, die Mutter von Nullkück. Und nicht zu vergessen, die beiden Reichsbauernführer, die im Moor ausgegraben werden, als man versucht, das Haus auf festen Grund zu setzen.

 

Dieser Roman ist ein großer literarischer Wurf, Schreibkunst vom Feinsten, Lesespaß hoch fünf! LESEN! UNBEDINGT LESEN!!! Nicht der letzte Satz, aber mein Schlusswort:

 

"Wie viel schöner Weg vor einem liegen konnte, wenn man sich nicht nach hinten umdreht!"

 

Das stellt sogar Ohlrogge am Ende fest, und auch Paul wird ihn beherzigen.

 

Auf weiter gute Lesezeiten, allerseits! 

Mein Lesehunger bleibt groß...(02.10.2019)

"Biete Krise, suche Glück" von Davod Foenkinos erzählt von Bernard in der Pechsträne seines fünfzigjährigen Lebens. Frau weg, Job weg, Freunde weg, Tochter weg (in Brasilien) und zur Strafe muss er  sogar noch im Hotel Mama einchecken. Auch wenn er erst nicht will: er muss sich umorientieren. Der gelernte Bad Banker tut's, und zwar mit einer Eisenwarenhandlung samt Erotikabteilung, von Nägeln bis zum Nageln ist es ja schließlich nicht weit. Sehr amüsant dieser Roman, absolut lesenswert!

 

"Silentium" von Wolf Haas spielt in Salzburg, Brenner quartiert sich ins Internat Marianum ein, er soll einen Mißbrauchsskandal aufbröseln. Die Internatsschüler müssen auf Anordnung ihres Präfektes zum Duschen in den Keller, und zum Tischfußballspielen, dort steht der Dibbelkasten, und hier beginnt auch das Morden, weil die Salzburger Festspiele so wichtig sind. Da muss man schon mal über Leichen gehen, die Latten stehen hoch bzw. liegen hoch...Privatdetektv Brenner muss höllisch aufpassen, dass er nicht zu heiß duscht...Ich verbrenn mir so gern die Finger an Wolf Haas' Krimis!

 

"Ein ganzes Leben" von Robert Seethaler ist nur ein kleines dünnes Büchlein, aber mit ganz viel Weisheit geladen. Das Leben des Andreas Egger findet nur in einem kleinen, abgelegenen Tal in den österreichischen Bergen statt. Er arbeitet, schuftet, malocht, liebt, leidet, halt das volle Lebensprogramm eines Menschen meiner Großelterngeneration. Ich kann nur sagen: der Berg ruft! Literatur zum Runterkommen, Balsam für die Seele!

 

"Knapp am Herz vorbei" von J. R. Moehringer schwärmt von Willi Sutton, der Einbrecherlegende des 20. Jahrhunderts in den USA. Das waren noch Zeiten, abgesehen von Mord wird kein Verbechen so hart bestraft wie Bankraub. Rein ins Kitchen, raus aus dem Gefängnis, wer einsitzt, muss es wenigstens immer wieder versuchen, auszubrechen. Willi Sutton ist noch ein echter Ganove, zu dem man aufschauen kann. Der hat Stil, genauso wie J. R. Moehringer.

 

"180 Grad Meer" von Sarah Kuttner, ich liebe ihre Schreibe, ihren Humor und ihre leicht bis schwer melancholisch angehauchten Geschichten. Jule, die Soulsängerin, bricht aus ins Exil nach London, sie ist unglücklich, will herausfinden, warum. Sie findet es heraus, ihr Bruder und der Schlappohrhund Bruno helfen ihr dabei. Letzter Satz: "Tschüß Papa...aber es fühlt sich richtig an, es versucht zu haben!" Ja, dieser Roman fühlt sich gut an und wirkt nach.

 

"Älter werden" von Silvia Bovenschen. Sie war 60, als sie dieses Buch schrieb. Ich bin 60, als ich es lese. Sie ist inzwischen verstorben, ich lebe und fühle mich gar nicht alt. In 10 Jahren will ich dieses Buch noch einmal lesen. Es geht um das Sicherinnern, was bleibt bis zum Schluß? Wir zehren alle aus unserer ganz persönlichen Erinnerungsgeschichte. Weise Gedanken, intelligente, schöne Worte, diese Lesezeit sollte man sich gönnen.

"Angerichtet" wirds...von Herman Koch (11.09.19)

"Wir wollen ins Restaurant gehen." (1. Satz)

 

Wer geht ins Restaurant? Die Lohmans aus den Niederlanden, Paul und sein älterer Bruder Serge samt Gattingen Claire und Babette. Es ist keine Pizzeria, ein Gaumentempel, beide Familien sind gut betucht, besonders Serge seine, er ist ein Politstar, steht gerade vor seiner Wahl zum Minnisterpräsidenten. Paul ist ein ehemaliger Geschichtslehrer, frühpensioniert wegen einer psychischen Störung. Serge und Babette haben Rick und Adoptivsohn Beau, Paul und Claire ihren Michel. Familienglück pur könnte man meinen, aber jetzt kommts: Die drei Jungs um die sechzehn Jahre alt bauen Mist, aber großen, mehr will ich nicht verraten, also kein Dummerjungenstreich, heftig, sehr heftig. Wer ist schuld und wer macht sich wie schuldig, mitschuldig, teilschuldig, bleibt jeand ohne Schuld? Eines kann ich Euch sagen: am Ende kommt alles anders als man denkt. Und das ist immer gut für einen Roman, für eine spannende Lektüre. Und brilliant geschrieben, meint Christine Westermann vom WDR, sie hat mich mit ihrer Buchempfehlung noch nie enttäuscht. Also ran an diesen literarischen Leckerbissen. ANGERICHTET ISTs!

"Lieber Papa", sagte er. (Michel) ...Letzter Satz

So wie das Tier (Okapi) die Menschen...(17.04.2019)

"Als Selma sagte, sie habe in der Nacht von einem Okapi geträumt, waren wir sicher, dass einer von uns sterben würde, und zwar in den nächsten 24 Stunden. Das stimmte beinahe. Es waren 29 Stunden. Der Tod trat verspätet ein, und das buchstäblich. Er kam durch die Tür." (1. Satz)

 

Mit 'uns' sind die Einwohner eines kleinen Dorfes im Westerwald gemeint, eine schrullige, skurrile, abergläubische Gemeinschaft, Selma ist die Oma von Luise, der Ich-Erzählerin. Es geht um Liebe, um zwischenmenschliche Wärme und Nähe, um Verluste und Gewinne, und das alles wieder in eine kreative, sprachkräftige Schreibe gepackt, wie ich sie liebe. Da ist jeder Satz ein Genuss. Es ist, als wäre ich zu Besuch dort im Westerwald, wie Frederik, der Buddhistische Mönch, den alle anhimmeln, als käme er aus einem gleichen. 

Es passiert gar nicht so viel in diesem Roman, er ist kein Actionthriller, aber das Wenige, was passiert, hat es in sich, geht unter die Haut, wird vor allen Dingen sprachlich wunderbar und köstlich erzählt. Ich lese den "Okapi-Roman" gerade zum zweiten Mal zu Ende, er ist literarisch so ergiebig, wird wohl auch noch nicht das letzte Mal gewesen sein. Er kommt in meinen Bücher-Rucksack, den ich mir umschnalle, wenn ich mal gezwungen bin, auf eine einsame Insel zu fliehen oder mich in einen Atombunker zu retten...

 

"Frederik sah mir nach, dann schloss er die Augen, hinter seinen Lidern sah er ein unbewegtes Nachbild, die angehaltene Bewegung des Winkens, das angehaltene Lächeln, und alles, was eigentlich hell war, war hinter seinen Lidern dunkel, und alles, was eigentlich dunkel war, war jetzt hell." (Letzter Satz)

"Alle wollten sie nur überleben!" (07.04.2019)

"Seine Möbel hatte er, soweit sie Platz fanden, mitnehmen können, selbst einen großen Teil seiner  Bibliothek, den Rest wußte er bei der Tochter gut untergebracht." (1. Satz)

 

Hans Musbach lebt im Seniorenheim in Hamburg, betagt, aber geistig und körperlich noch gut in Schuß. Er war Lehrer für Geschichte und alte Sprachen, liest für sein Leben gern, ein Studierter, ein Intellektueller. Tochter Katja ist Deutschlehrerin und besucht ihn täglich. Eines Tages bringt sie ihm einen Katalog mit, darin Bilder einer Ausstellung zum Thema: "Verbrechen im Osten". Sie ist geschockt und will von ihrem Vater wissen, was er dort getrieben hat im Rußlandfeldzug, den er miterlebt hat.Wie in täglichen Therapiesitzungen lässt er endlich alles aus sich raus, schockierende Geständnisse und Geschichten, die nicht nur Tochter Katja aufwühlen, auch mich als Leser in den Bann ziehen. Ich habe vor vielen Jahren, auch mal versucht, meinen eigenen "Kriegsvater" zum Reden zu bewegen. Der war jünger als Musbach, Gott sei Dank, hat eigentlich den Krieg "nur" noch ganz kurz erlebt, dafür die russische Gefangenschaft viel zu lange, jahrelang geschuftet, getriezt, Arbeitslager bei Wasser und Brot. Er hat überlebt, das, was alle wollten....Der Roman fesselt mich, weil Ulla Hahn einfach eine Könnerin ihres Faches ist. ("Das verborgene Wort", "Aufbruch")

Hier mein Kommentar zu Kapitel 11 in der Mitte des Romans:

 

"Wahnsinn des Krieges...Alles Wahnsinnige, Geistesgestörte, Geisteskranke, diese irren Kriegstreiber. Leider gibt es immer noch zu viele davon...Die gehören allesamt in die Psychiatrie. Weggesperrt. Sicherheitsverwahrt!"

 

Bin durch...was für ein bewegendes Buch. Mein Resultat: Unschuldig! Freispruch für den 82jährigen Hans Musbach. Ich glaube, seine so kritische, anklagende Tochter Dr. Katja Wild sieht das genauso. Gut dass sie sich noch ausgesprochen haben. Auch mein Kriegsvater und meinen Kriegsschwiegervater trifft keine Schuld. Da bin ich mir ganz sicher. Wenn ich jemanden verurteile, dann aber nur zum REDEN!

 

"Miteinander reden, die rechten Worte finden. Beide Seiten. Der Wahrheit so nah wie möglich. Das Reden würde nicht enden." (Letzter Satz)

 

 

Bücherbesprechung im Schnelldurchlauf...(05.04.2019)

Die letzten von mir gelesenen Bücher im Schnelldurchlauf der Kritik. Mehr Zeit habe ich zur Zeit nicht, aber so viel Zeit soll sein:

 

"DRIVING MISS NORMA" ist gut geschrieben und leicht und spannend zu lesen. Die etwas abenteuerliche Geschichte um die 90jährige Seniorin macht Mut fürs Alter, das auch mir immer näher auf die Pelle rückt. Es ist nie zu spät, den ersten Schritt für eine neue Reise zu setzen.

 

"NELE UND PAUL" von Michel Birbaek ist kreative Schreibe at its best, wie ich sie liebe: eine Sandkastenliebe, die das Zeug hat, auch die Liebe eines Lebens zu werden. Temporeich und sprachverspielt erzählt, spritzige Dialoge und ein Plot, der mich viel lachen und weinen ließ. Ist so ergiebig, dass ich diesen Beziehungsroman zweimal gelesen habe, ohne mich dabei zu langweilen. Ein Birbaek ist und bleibt immer ein besonderes Leseerlebnis, "NELE UND PAUL" ist das beste, was ich bisher von ihm gelesen habe. Ich bin sicher, da kommt noch mehr.

 

"DER STIFT UND DAS PAPIER" von Hanns-Josef Ortheil ist Nährstoff für alle Schreiberlinge, für alle, die vom Schreiben nicht mehr lassen können. Ortheil erzählt von SEINEM Weg zum professionellen Schriftsteller. Es ist auch eine Liebeserklärung an die Literatur. 

 

"DAS TAGEBUCH DER DAISY GOODWILL" von Carol Shields ist die Lebensgeschichte einer begabten Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts, auf sehr ungewöhnliche Art und Weise erzählt, eine Dramaturgie voller Überraschungen. Auch dieses Frauenleben der Daisy Goodwill ist eine endlose Suche nach Zeugen...wir brauchen alle Beachtung! 

 

"DIE FRAUEN" von T.C. Boyle haben alle ihr Herz und ihren Verstand an den berühmten Baumeister und Lebenskünstler Frankie Lloyd Wright alias WRIETO-SAN verloren. Künstler sind ja alle irgendwie Egozentriker, müssen sie ja auch sein, wenn sie ein Lebenswerk schaffen wollen. Ein dicker Wälzer, aber jede Seite wert!

 

"ABRISS" von Heinz D. Heisl reisst mit seiner österreichischen Sprachgewalt wirklich alles ab. Ungeheuerliche Wortmonster, eine dunkle Geschichte, wenig erheiternd, aber literarisch herausfordernd. Wer sich hier durchkämpft beim Lesen, hat das Gefühl, einen großen Sieg errungen zu haben. Kann ich nur empfehlen...

 

"TENDER BAR" von J. R. Moehringer ist die Geschichte eines Jungen auf dem Weg zum Kneipengänger und voll ins Leben. Köstlich und wirklich zum Abtauchen. Diesen Roman nehme ich mit ins Grab....Hierzu ein Zitat, das ich auswendig inbrünstig täglich mit mir rumschleppe und immer wieder für mich rezitiere...

 

"Falls ein Mann überhaupt in der Lage ist, seine Entwicklung vom kleinen Jungen zum Kneipengänger genaus aufzuzeigen, so begann meine an einem heißen Sonnerabend 1972. Ich war sieben, fuhr mit meiner Mutter durch Manhasset (New York) und sah aus dem Fenster, als ich auf dem Memoiral Field 9 Männer in hellroten Softballtrikots herumrennen sah, auf deren Brust die schwarze Siebdruckshillouette von Charles Dickens prangte."

 

'Charles Dickens' war der Name der "Tender Bar"...die 9 Männer sozusagen die Kneipenmannschaft dazu...

 

 

Es ist, wie es ist, und so soll es auch bleiben. (30.10.2018)

"Es war ein großartiges Gelage." (1. Satz)

 

"Sie werden sich über dieses Buch kranklachen", schreibt The Observer auf dem Klappentext. Habe ich wirklich, also, nicht wirklich krank, eher kaputt gelacht, alles aus mir rausgeholt, was hat der Tom Sharpe für wahnwitzige Ideen. Mit dieser Geschichte werde ich in meiner Annahme bestärkt, dass die Welt da draußen ziemlich verrückt ist, besonders aber am Porterhouse College in Cambridge, wo selbst die scheinbar hochgebildeten Menschen auch nur ganz arme Sünder sind.

Am Ende, ja, was soll ich schreiben, da kann ich auch nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und mich bedanken für diesen wirren, mordsmäßigen, hochspannenden, köstlichen Lesespaß.

 

"In seiner Ecke am Kamin konnte man den Rektor über diesen auf seine Kosten geäußerten Scherz zucken sehen, aber schließlich hatte Skullion schon immer gewusst, wohin er gehörte." (Letzter Satz)

Ikke hör' den Regner-Schreibsound so gern...(15.05.2018)

"Ich sah Raimund Schulte lange bevor er mich sah."

(1. Satz)

 

Die Vergangenheit meldet sich zurück, Berlin ruft! Lockruf für einen Ex-Junkie mit Therapieerfolg und -erfahrung zur Wiedereingleiderung ins bürgerliche Leben und nun auch in die Party- und Musikszene Berlins. Magisch und mystisch soll es auf Tour gehen, Karl "Charlie" Schmidt auf Trockeneis dabei, trocken gelegt, nur Wasser, Apfelschorle, Kaffee und Zigaretten sind erlaubt. Er ist ein Freund vom legendären Herrn Lehmann, nun fährt er den Tourbulli der Technofreaks durch Deutschland und versucht, die durchgeknallten Raver zusammenzuhalten. 

 

"Einfach dabei sein, abhängen und Unsinn reden!"

 

Der typische Regener-Schreibsound, der sich so gut lesen lässt. Man sucht vergeblich anch einem tieferen Sinn des Romans, aber vielleicht ist es einfach nur dieser augenblickliche Unsinn, der Sinn macht, die Tage fröhlich, heiter, humorvoll zu nehmen wie sie kommen, mit Quatschen und Quatsch füllen, Hauptsache nicht allein und einsam....Regeners Geschichten sind auf keinen Fall normal, bilden alles andere ab als ein geregeltes Leben, eher ein geregeneres! Alle wollen Party machen und letztlich nur das eine:

 

"Die sind so ehrgeizig! Die wollen immer die letzten sein!" (Letzter Satz)

Eine kleine Geschichte macht große Hoffnung (02.03.2018)

"Madmosielle Bertignac, ich vermisse ihren Namen auf der Referatslist." (1. Satz)

 

...sagt ihr sehr konservativer Lehrer Monsieur Marin eines Morgens zu Lou und leitet damit den Beginn einer hinreißenden Freundschaft mit der 18jährigen Stadtstreicherin No ein. Mit ihren 14 Jahren ist die hochbegabte Lou, die Ich-Erzählerin, sehr reif, sehr mitfühlend, stellt alles Mögliche auf die Beine, um No zu retten.  Ich will nicht zu viel verraten, am Ende stellt Lou für sich fest:

 

"Mir war gerade etwas passiert, etwas, dessen Sinn ich begreifen musste...dass mich größer gemacht hatte."

 

In Sachen "First Love" passiert ihr auch noch etwas mit dem älteren Lucas, das sie sich so herbei gesehnt hat. Sie küssen sich das erste Mal, und auch hier lernt sie etwas fürs Leben:

 

Da begriff ich, dass unter all den Fragen, die ich mir stellte, die nach der Drehrichtung der Zunge nicht die wichtigste ist." (Letzter Satz)

Am Arsch der Welt von Helen Memel (19.02.2018)

"Solange ich denken kann, habe ich Hämorrhoiden." (1. Satz)

 

Ich habs echt getan. Ich bereue nichts, es ist definitiv kein Schmuddelbuch, wie einige Kritiker behaupten, es ist ein ganz besonderes Stück Literatur, vielleicht sogar ein Meisterwerk. Es ist eine sehr offenherzige, ehrliche Geschichte aus dem Leben einer jungen Frau (Helen Memel, 18), ein Scheidungskind, das zu jeder Schandtat bereit zu sein scheint, nur um ihre Eltern wieder zusammenzubringen...

 

"...zusammenzubringen, was zusammen gehört!"

 

Während des gesamten Romans ist Helen ziemlich "am Arsch"...operiert worden...mehrmals...auf der "ARSCHSTATION", sie liegt auf der Proktologischen, nimmt das mit der Hygiene nicht so ernst, hat sie noch nie gemacht.

"Hygiene wird bei mir klein geschrieben!"

Und Hemmungen, über dieses Kleingeschriebene zu reden, hat sie auch nicht. Sie steht bzw. liegt zu ihrer etwas unappetitlichen Körperlichkeit.

 

"...was Frau Memel für eine dreckige Schlampe ist...Aussen hui, innen pfui!"

 

Pfleger Robin weiß sie zu nehmen, also nicht so, wie ihr jetzt denkt, nicht hier im Krankenhaus...vielleicht draußen, denn am Ende begleitet er Helen bei ihrer Entlassung hinaus. Sie sind sich schon ziemlich nahe gekommen, besonders als Robin ein Arschfoto von Helen machen musste. Sie wollte sehen, wir die OP verlaufen ist...

 

"Ich drücke mit Schmackes auf den Buzzer, die Tür schwingt auf, ich lege den Kopf in den Nacken und schreie." (Letzter Satz)

 

 

 

Eine literarische Reise an den Rand des Wahnsinns...(25.01.2018)

"Dass ein Sportler durch einen tragischen Unfall seinen Geruchssinn verloren habe - so was hört man nie, wie auch?" (1. Satz)

 

Jede Reise da draußen in der wirklichen Welt beginnt mit dem ersten Schritt, jede neue Lesereise mit dem ersten Satz. Für Jasper Dean, dem jüngsten Sproß der Familie Dean aus dem Traumland Australien, also dem letzten Glied in der so schicksalhaften, völlig durchgeknallten Familienkette, ist die Erzählstation der Knast. Damit macht er der Familientradition alle Ehre. Er schreibt die Geschichte seiner Familie hinter schwedischen Gardinen auf, weil er sich sonst zu Tode langweilen würde. Nach der Hälfte des Romans (ca. 400 Seiten) weiß ich schon viel über seine Herkunft (allerschlimmste Verhältnisse), aber noch nicht, warum er einsitzt. Ich vermute mal, dass er seinen Vater Martin Dean ermordert hat. Jasper war als Sohn so wenig gewollt wie ein Fußpilz. Sein Vater gibt es ihm schwarz auf weiß im Tagebuch:

"Baby entschlüpft! Aus Flüssigkeit wurde Fleisch. Nun gibt es kein zurück mehr. Wir haben es Jasper genannt."

 

Das allein ist natürlich noch kein Mordmotiv, noch lebt der alte Dean, sein Ende naht, er ist krebskrank und nur noch ein Strich im australischen Busch. Was da noch alles so im Busch ist, werde ich nun bald erfahren, die letzten 100 Seiten sind erreicht. Ein echtes Mammutwerk, eine riesiger Känguruhbeutelwälzer, aber auch ein großes literarisches Kunstwerk.

 

Natürlich kommt es am Ende anders als man denkt. Und ich denke, das ist gut so. Auf jeden Fall bin ich stolz auf mich, diesen literarisch so ansprucksvollen Wälzer gewälzt sprich bewältigt zu haben. Ich nehme daraus mit für mich und mein Leben:

 

FINDE DEINEN WEG UND GEH IHN. GANZ EINFACH!

 

"...Bevölkerungsexplosion, ich sage Ihnen eines: Man muss kein Misanthrop (Miesepeter) sein, um angesichts der Vorstellung, dass sich dort derart viele Menschen auf der Straße anrempeln, das kalte Grausen zu kriegen, aber es hilft."

(Letzter Satz)

Kaminer ist immer lustig zu lesen...(17.01.2018)

"Diese Geschichte begann vor dreiundzwanzig Jahren." (1. Satz)

 

Gemeint sind die frühen Achtziger in der sozialistischen Sowjetunion, dessen Kind der Autor ist, der aber seit 1990 in Berlin lebt und durch das Land tingelt mit Lesungen und Vorträgen und Auftritten im Fernsehen. Ein lustiger Schreiberling ist er geworden, er hat so eine schelmische, sehr humorvolle Art zu erzählen. Je mehr ich von ihm lese, um so mehr Spaß finde ich an seinen Geschichten, Mehrzahl, wohlgemerkt. Er schreibt keine Romane, hat er wohl keine Zeit zu. Seine Perspektive ist die des ehemaligen Sozialisten und Kommunisten im kapitalistischen Westen oder umgekehrt wie in dieser vorliegenden Sammlung. Amüsante Lektüre auch für das stille Örtchen gut zu verwenden. Ich will ihn immer wieder lauschen zwischendurch, wenn mir nach leichter lockerer Geisteskost ist. Es liegen einige mir noch unbekannte Bändchen parat...

 

"Während wir nun im kapitalistischen Hamsterrad mit Geldverdienen und -ausgeben beschäftigt sind, liegen sie auf ihren Jachten, knipsen uns nackt und lachen sich tot." (Letzter Satz)

Über die wilde Hilde von der Kürthy...(11.01.2018)

"Vielleicht begann es an diesem frühen Sommermorgen, als ich auf die Terrasse hinaustrat und mich wunderte" (1. Satz)

 

Die Kürthy war 11 Jahre alt und wunderte sich darüber , warum der Blindenhund ihres Vaters "Mara" in seiner Hundehütte blieb und sie nicht wie jeden Tag begrüsste. Der Grund: ihr neugeborener Welpe "Imperator" (Impri), der schon kurze Zeit später überfahren wurde, sie begruben ihn im Garten...Diese Sehnsucht nach "Impri" mündet bei Frau Kürthy in....genau....HILDE!!!

 

"Es geht um Sehnsucht und Wehmut, es geht um das Gefühl, das sich einstellt, wenn Dein Hund seinen Kopf auf Dein Knie legt."

Besonders für Hundemenschen wie mich mit eigenem Wauwau ist dieses Buch ein Hit...überhaupt nicht, also nie langweilig, was nicht nur am Thema sondern besonders an der Schreibe von Ildiko von Kürthy liegt. Sie ist das weiblich KREATIV zu männlichen Schreibern wie Sven Regener, Daniel Glattauer oder Michael Birbeak. 

 

"...und mein Hund und ich teilen uns ein großes Stück Gouda, mittelalt, so wie ihn meine Hilde am liebsten mag." (Letzter Satz)

 

Ein Stück Literatur wie gesungen...(19.12.2017)

"Die Schwierigkeiten fingen an,als ich zehn Jahre alt war."

(1. Satz)

Das schreibt Maddie Lamars (Ich-Erzählerin) aus Detroit in den USA. Es geht um die Ehe ihrer Eltern Leo (Musikdozent) und Lana (Schriftstellerin) und ihre Geschwister Elena und Harry. Der Blues ihrer Eltern insbesondere der von Lana begann schon wesentlich eher, das große Familiengeheimnis, das es aufzuklären gilt für das kleine Mädchen. Die Hälfte der 600 Seiten habe ich gelesen, genieße jede einzelne in vollen Zügen. 

 

"Ein Buch mit einer leuchtenden Seele, tragisch, komisch, spannend und voll reiner Poesie!"

 

So stehts auf dem Klappentext, und genau so fühlt es sich an.

 

Maddie, Schwester Elena und ihre Freundin Lizzy entdecken auf dem Speicher die Notiz- und Tagebücher von Mama Lana, die übrigens am Stock geht und eine schwere Hüftverletzung mit sich rum schleppt. Das macht ihre Vergangenheit, die sie eigentlich wegschließen will, umso geheimnisvoller. Maddies Oma und Lanas Mutter Mimi muss wohl einen Musikclub mit Bordell betrieben haben im Negerviertel von Newe York, und zwar mit harter Hand, die wohl auch über Leichen ging. Lana hat dort gesungen und getanzt, ziemlich erfolreich, sie ist eine schöne weiße Frau mit der Stimme einer schwarzen Bluessängerin. Es bleibt alles so spannend aus der Perspektive der kleinen Tochter so herzergreifend, mitfühlsam und poetisch erzählt. Ein dicker Wälzer in Taschenbuchform, der aber jede Seite wert ist...

 

"Ein einziges Gespräch mit Mimi, und Lana war ein Wrack. Ihr Atem ging dann wie der Wind, und ihre Hände flatterten wie Motten." (Seite 347)

 

Das hat natürlich seine Gründe...alles hat Ursache und Wirkung...Einer oder eine hat mehr wegzustecken als andere, man darf nie aufgeben und muss um sein Lebensglück kämpfen. Vielleicht wird dann am Ende alles gut....Wenn ihr auf dieses Buch stosst, lest es!!!

Von Seelenbräu und Leibesfülle (12.12.2017)

Diese Erzählung ist schon 1956 erschienen, das  hochgradig vergilbte Taschenbuch mit kaum 150 Seiten, von denen viele nur noch an einem silbrigen Leimfaden hängen, asbachuralt, aber allerfeinster Lesestoff, wie ich ihn mag: ...so befreiend-heiter und doch nachdenklich-sinnreich.", wie es auf dem Klappentext geschrrieben steht und mich so anzog: Lies mich. Ich bin alt aber gut!

 

"Es war ein Dechant aus Köstendorf - zu ungewisser Zeit."

(1. Satz)

 

Schon wieder ein Priester, aber diesmal ein richtiger so mitten aus dem Volke auf dem Lande, die Salzburger Ecke. In seiner Gemeinde wird der Dechant von Köstendorf nur "Der Seelenbräu" genannt. Man ahnt schon, dass die Getränke in dieser Gegend eine große Rolle spielen. Ihm gegenüber steht "Der Leibesbräu", der Repräsentant der weltlichen Macht, der Wirts-, Guts- und Brauherr Matthias Hochleitner. Beide erweisen sich im wahrsten Sinne des Wortes als Pfundskerle.

 

"Es war die gegenseitige Anerkennung feindlicher Großmächte, die einander gleich stark wissen."

 

Und dann kommt die Liebe noch ins Spiel mit der Nichte des Leibesbräu, Clementin, und dem Junglehrer Michael Haindl. Alles zusammen sorgt für allerhand Turbulenzen im Dorfleben von Köstendorf, die jungen mischen die Alten auf aber auf sehr warmherzige Weise.

Am Ende sind alle ganz schön gerührt. Liest sich wirklich gut, kurzweilige Lektüre mit langen Schachtelsätzen und einer etwas veralteten Sprache, mit Witz und Humor durchwebt.

 

"Tausend Lerchen jubelten in der Höhe." Letzter Satz

 

 

Janosch kann nicht nur Kinderbücher...(05.12.2017)

Ein unscheinbares Taschenbüchlein aus dem Jahre 1991, schon ziemlich vergilbt, aber mit vom Bücherspender und Vorbesitzer selbst eingeklebten Lesebändchen. Der Autor JANOSCH ist kein geringerer als der, der die JANOSCH-Kinderbücher schreibt, Horst Eckert, inzwischen 86 Jahre alt, aus Schlesien, jetzt auf Teneriffa lebend. Und sein "Polksi-Blues" hat es in sich....ein echter Glücksgriff für mich...

 

"Da wirst Du geboren, sie sagen, sie schenken dir das Leben, dabei schenken sie dir den Tod. Denn dass einer (richtig) leben wird, ist nicht sicher, dass einer sterben wird, DAS ist sicher!"

(der ich weiß nicht wievielte Satz, aber davon gibt es reichlich...)

 

Gesprochen vom Filmregisseur Staszek Wandrosch, der sich mit zwei Kumpeln auf den Weg macht nach Polen, um dort das Idol seiner Jugend, den Jasstrompeter Zdenek Koziol, zu besuchen. Ich sitze sozusagen mit im Wagen und lausche dem Roadmovie-Polski-Blues...

 

Noch so ein kluger Satz Marke "siehe oben" auf dem Weg von Österreich nach Polen: 

 

"Jedes Grenzland ist öde, keiner siedelt sich da gern an...Einmal gehörst Du zu den einen, dann schlagen dich die anderen tot. Dann gehörst du zu den anderen, und die einen schlagen dich tot"

 

Als die drei aus dem Westen (Paris) in dem kleinen Polendorf Kuznice ("Am Arsch der Welt...") ankommen, werden sie nicht erschlagen, sondern mit offenen Armen und ganz viel Wodka empfangen. Alle sind heiß auf die Devisen und den kapitalistischen Warenkorb im Kofferraum der Gäste. Die Gastfreundschaft steigt von Stunde zu Stunde.

 

"Die meisten Leute tragen ein diffuses Unglück mit sich herum...Die einen, weil sie zu viel haben, die anderen, weil sie zu wenig haben."

 

Das scheint für immer und ewig das große Menschheitsproblem zu sein: die Schere zwischen zu viel und zu wenig, daran müssen wir arbeiten....Das große Verteilungsproblem! Es wäre ja genug da für jeden...

 

Endlich treffen die drei Abenteurer aus dem Westen auf Staszeks Jazzlegende. Zdenek Koziol gilt in der Dorfgemeinde Kuznices als durchgeknallt und irre, der fegt täglich wie ein Wahnsinniger mit seinem alten Wehrmachtsmoped "Java 37" durch die polnische Wallachei. Der muss ein Millionär (gewesen) sein in den Augen der Einheimischen:

 

"Bei Verrückten kann keiner wissen, ob sie nicht Millionäre sind. Alle Millionäre sind verrückt. Keine Wunder. Hat einer eine Million auf einmal, kann er ja nur verrückt werden!"

 

US-Präsident Donbald Trump bestätigt diese These der Ureinwohner Polens eindruckvoll. Bei Koziol hat der Wahnsinn religiöse Gründe, er hat nämlich seinen streng-jesuitischen Glauben an die katholische Kirche verloren, als er selbst vor Ort sah und davon erfuhr, wie die Funktionäre im Vatikan ticken, nämlich dass sie in alle sexuellen Richtungen rumhuren, Nutten und Strichjungen dort ein- und ausgehen und man sich über die dummen, gläubigen Christen lustig machte und in Wahrheit in Saus und Braus lebte.

 

"Zweitausend Jahre Sexualdiktatur über Millionen argloser Gläubiger ausgeübt von ein paar gerissenenen, scheinheiligen Scharlatanen..."

 

Koziol ist stinksauer, sein Hass auf die "Verräter" seines Glaubens spukt in seinem Kopf herum wie eine Kreissäge, nur auf dem Moped durch Feld und Flur für ihn zu ertragen. Von dem genialen Jazzmusiker ist für die drei Reisenden scheinbar nichts übrig geblieben. Bin gespannt, wie die Geschichte nun ausgeht, die Trompete hängt jedenfalls noch im Haus, in dem Koziol haust....

 

Am Ende gewinnt die Musik, der Polski-Blues, die Fähigkeit, auch vergessen zu können (manchmal ist so ein Crash mit dem Motorrad vor die Kirchenwand sehr hilfreich) und vielleicht auch die Einstellung des falschen Priesters in diesem Spiel, Zbigniew Kowalskis:

 

"Wenn die Kirchenbonzen sich ein paar Sünden erlauben - mon dieu - für die Gläubigen sind sie immer noch die Brücke zum Paradies. Drücken Sie ein Auge zu!"

 

Oder gleich zwei. Augen zu und durch!

 

 

Hut ab, Richard! (04.12.2017)

"Vielleicht liegen noch viele Jahre vor mir, vielleicht nur noch ein paar." (1. Satz)

 

RICHARD hat jetzt Zeit, viel Zeit, als pensionierter Literaturprofessor, alleinstehend, seine Frau ist schon verstorben. Mitten in Berlin, seinem Wohnort, stösst er auf ein Protestcamp von Flüchtlingen, es weckt seine Neugierde, Fragen kommen in ihm hoch, er will Antworten, geht auf die Flüchtlinge zu, trifft sich mit ihnen, will reden. Der Beginn einer außergewöhnlichen Reise in zwischenmenschliche Bereiche, poetisch und sprachgewaltig erzählt von einer Künstlerin ihres Fachs. RICHARD ist mein absoluter Held geworden, Hut ab, Herr Professor und Frau Jenny Erpenbeck. Es kann alles so einfach und zu tiefst menschlich sein. Und am Ende werden wir alle gegangen sein, wohin der Weg auch führt, wer weiß das schon. Gehen, ging, gegangen, ein starkes Stück Literatur!!!

 

"Ja, im Prinzip genauso wie auf dem Meer." (Letzter Satz)

Nichts muss, alles kann! (27.11.2017)

"Womöglich fragen Sie sich, wer zum Teufel dieser Sean Brummel eigentlich ist." (1. Satz)

Niemand anderes als Tommy Jaud, von ihm erfunden aus dem Amerikanischen, ein Bestsellerautor und Lebensberater/-coach, der ein Manifest gegen das schlechte Gewissen geschieben hat, wie auf dem Titel geschrieben steht. Das Buch ist also kein Roman sondern kein kommunistisches, eher ein höchst humorvolles, witziges, kreatives wirklich sehr unterhaltsames. 

Es ist nichts Neues, was mir Sean Brummel alias Tommy Jaud mit ins Leben geben will, die Art und Weise wie er das macht, ist phänomenal, zum Schießen komisch. Es liest sich wie von allein, ich habe mich köstlich amüsiert. Ich fühle mich gestärkt in meiner Lebensphilosophie: Nichts muss, alles kann!

 

"Denken Sie immer daran: je weniger Sie müssen, desto mehr können Sie." (Letzter Satz)

Dieser Roman ist ein Wunder. (21.11.2017)

"Der türkisblaue Himmel brach sich im tieferen Blau des Meeres." (1. Satz)

 

Dieses Buch ist wirklich ein kleines Wunder, well done Miss Felicity McCoy!!! Das Ende der Welt ist eine Küstenregion in Irland, dem Lande des Frank McCourt und der Kelly Family. Die Bücherei ist am Ende der Geschichte auch das rettende Ufer am Ende der Welt. Vieles war nicht gut im Leben der Heldin und Bibliothekarion Hanna Casey, die in der Mitte ihres Lebens (50) heimkehrt in das geerbte Haus ihrer Tante Maggie direkt auf einer Klippe am Meer. Letztlich erweckt sie sich und die ganze Region zu neuem Leben, aber auf die leise Art mit ganz viel Gefühl und zwischenmenschlicher Wärme. Ein Buche zum Verlieben, zum Nie-mehr-weglegen-wollen, voller Überraschungen und Wendungen, Poesie und Erzählkraft, fesselnd bis zum letzten Satz:

 

"Der Horizont in der Ferne war ein silberheller Streifen zwischen dem Türkis des Himmels und dem Indigoblau des Meeres, und der Geschmackdes vom Wind herangewehten Salzes auf ihren Lippen mischte sich mit dem Honigduft der Blumen."

Die Rache ist süß wie ein Froschgift...(14.11.2107)

Was für eine spannende Geschichte um die Liebe zur Literatur, um die Verehrung des großen schwedischen Literaten August Strindberg, für die einige Juroren der Nobelpreisakademie in Stockholm bluten müssen.

 

Die Kommissarin Claudia Rodrigues und ihr Antiquar Leo Dorfmann ermitteln eigenmächtig und eigenwillig, aufhalten können sie den Akademiemörder erst, als es fast zu spät ist.

 

Ich habe jede Lesminute genossen, vom ersten bis zum letzten Satz ein hochspannender Krimi aus der Welt der Bücher um den höchstdotierten und renomiertesten Literaturpreis der Welt. Mehr kann man als Schriftsteller an Auszeichnung wohl kaum erreichen. Oder auch nicht, und dann scheint die Rache süß und tötlich wie das Pfeilgift einer Froschart aus Südamerika ...

Ein schreibender Vulkan...(06.11.2107)

Die Frau hats drauf....Sarah Kuttner schreibt wie ein Fegefeuer, wie aus einem kreativen Guß....Ihre Ich-Erzählerin Karo Hermann ist das "Mängelexemplar", arbeitslos, vom Freund und allen guten Geistern verlassen, depressiv verstimmt und von Angstattacken heimgesucht. Noch keine dreißig Jahre alt und schon dringends therapiebedürftig, und trotz alledem versprüht sie WWitz und Charm und man muss aufpassen, bei dem Erzähltempo den Anschluss nicht zu verpassen. Dieser Roman liest sich fast von allein, keine Sekunde Langeweile, die Seiten fliegen nur so dahin, spielerisch geht Sarah Kuttner mit einem verdammt ernsten Thema um: DEPRESSION. Ich will alles von diesem schreibenden Vulkan lesen. Da gibt es noch einiges, "Mängelexemplar" ist ihr erster Roman. In meinem Tagebuch habe ich schon von diesem Leseerlebnis berichtet....

Langeweile will ich beim Lesen nicht haben!!! (02.11.2017)

Ich bin voll in die "FALLE" getappt. Melanie Raabes Buch ist schön aufgemacht, ihre Geschichte fing auch stark an, hat aber auch genauso stark nachgelassen, an Lesespaß und Spannung für mich verloren. Bis zur Mitte (ca. 200 Seiten) habe ich tapfer weitergelesen, dann konnte und wollte ich mich einfach nicht mehr quälen. Ich konnte ihrer Damaturgie nicht folgen, sie dramatisiert, wo es nichts zu dramatisieren gibt. Ich konnte als Leser das Monster im Monster nicht erkennen, das Opfer war nur  ich selbst, weil ich in die Lesefalle getappt bin. Es macht einfach keinen Sinn, langweilige Bücher zu Ende zu lesen....

Spannende Unterhaltung allemal (28.10.2017)

Gut geschrieben, gut zu lesen, allerdings kein klassischer Krimi, wie ich erwartet habe, sondern eher ein Horror-Fantasy-Mix, mag ich nicht so gern, aber der literarisch-sprachlich Gehalt entschädigt mich als Leser, als Liebhaber der deutschen Sprache. Was aber bleibt: das typisch Fitzek-Unappetitlich-Brutale...auch das muss ich so nicht immer haben....

 

Spannende Unterhaltung allemal...und auch äußerlich ein schönes Paperback-TB, sehr aufwendig gestaltet. 

Eine literarische Sturmflut mit brachialer Sprachgewalt. (17.10.2017)

"Ich möchte Ihnen von einem Verlust berichten." (1. Satz)

 

Erstmal und vordergründig geht es für Thomas Melle um den Verlust seiner so innig geliebten  Bücxher im Rücken. Im Schlepptau einer Manie vernichtet er seine ganze Bibliothek.

 

"Mein Herz hing an diesen Büchern, und ich liebte es, im Rücken all die Schriftsteller zu wissen, die mich füher so geprägt und begeistert haben."

 

Das finde ich besonders traurig, dass seine fürchterliche bipolare (manische-depressive) Krankheit ihm die Bücher nimmt. Das ist ein Identitätsverlust der galaktischen Art. 

Und die psychische Krankheit erwischt in mit voller Breitseite:

 

"Ich bin einer derer, die die Jahreskarte gezogen haben. Wenn ich abrutsche oder hochfliege, dann fliege ich für eine lange Zeit. Dann bin ich nicht mehr zu halten, ob im Flug oder im Fall."

 

Man könnte vermuten, dass einen so ein autobiografisches Buch über eine heftige bipolare Krankheit hinabziehen könnte in die Katakomben der menschlichen Hölle, aber genau das Gegenteil ist der Fall: "Die Welt im Rücken" ist eine literarische Sturmflut mit brachialer Sprachgewalt, die mich vom ersten bis zum letzten Wort gefesselt und begeistert hat. Man muss es selbst erleben, sich darauf einlassen, was hat uns Büchermenschen Thomas Melle da nur für ein Meisterwerk geschenkt. Geben Sie ihm die Ehre, er hat es sich verdient!

 

"Ich mag mich wieder umbringen wollen, irgendwann, dann werde ich dennoch weiterleben, dann werden diese Zeilen wie ein Gebet sein." (Letzter Satz)

Blues im Blut...(05.10.2017)

"Der Schmerz bahnte sich seinen Weg durch das Hüftgelenk des alten Mannes wie ein Pflug, der harten Lehrm durchbricht." (1. Satz)

 

Der alte Mann ist "Soupspoon Wise", ein ehemaliger Bluesmusiker, er wird auf die Straße gesetzt, weil er seine Miete schon lange nicht mehr bezahlt hat: Zwangsräumung in New York. KIKI, eine junge, weißhäutige Versicherungsangestellte, sammelt ihn auf, hilft ihm wieder auf die Beine, obwohl auch sie gebeutelt ist und wird vom Leben. Das alles geschieht...

 

"...an einem kalten Tag Ende März, wenn sie alte Männer zum Sterben auf die Straße setzen."

 

Die materielle Welt ist da unerbittlich, vor allen Dingen für "Schwarze" im Mississippi-Süden Amerikas, weil sie von weißen Herrenmenschen diskriminiert und ausgebeutet wurden.

 

"Damals besaß ein Schwarzer nicht viel, aber er hatte Ohren für Musik, die Hände und den Mund, sie zu machen."

 

Es wurde auch viel gesoffen, getanzt, gefickt, Liebe gemacht natürlich mit Alkohol und Blues im Blut. Teilweise ging es dort brutal und sehr aggressiv zu. Das Faustrecht zählte, der Stärkere setzte sich durch...

 

"Im Mississippi-Delta starben Menschen, sie starben täglich. Soupspoon hatte nicht gewusst, dass er die Schwermut, den Blues in sich trug."

 

Der alte Bluesmusiker erlebt auf seine alten Tage noch einmal einen schönen Aufschwung, man (KIKI) kümmert sich um ihn, erweckt ihn zum Leben. Er greift sogar noch einmal in die Saiten seiner Gitarre, gibt ein Straßenkonzert und spielt in einem Club. Man liebt ihn und er liebt sie, die Frauen! Was will man auf seine alten Tage mehr, bevor die Lichter für immer ausgehen?

 

"Als der Raum schwarz wurde, erinnerte er sich daran, wer er war, in einem kreischenden Echo, das langsam verhalte." (Letzter Satz)

 

Eine tragisch-schöne Geschichte, die fesselt, die man gut und zügig lesen will. Ein geschriebener Blues sozusagen...

 

 

Durchgeknallt und nie langweilig: John Irving at his best!

"Normalerweise sorgten die Zwerge dafür, dass er immer wieder zurückkam - zurück zum Zirkus und zurück nach Indien." (1. Satz)

 

Er das ist Dr. Farrokh Daruwalla, ein orthpädischer Chirurg aus Kanada, in Indien aufgewachsen, eine Art Arzt ohne Grenzen, regelmäßig operiert er in einem indischen Kinderkrankenhaus Verkrüppelungen und Deformationen unentgeldlich. Gleichzeiztig nimmt er Zirkusliliputanern aus Forschungszwecken Blut ab. Ein durchgeknallter Mediziner und ein Romanheld, wie er im Buche steht bei einem Schreiberling wie Joihn Irving, der überschäumt vor Phantasie und wahnwitzigen Ideen.

 

Vier Jahre lang hat der Altmeister von der amerikanischen Ostküste an diesem relativ frühen Roman geschrieben, fast 1000 Seiten sind es geworden, ein Wälzer, an dem ich noch lange zu lesen habe. Bei Seite 400 bin ich angekommen und freue mich noch immer auf die restlichen 600. Die Lebensgeschichte dieses längst erwachsenen Zirkuskindes steckt voller Überraschungen und Wendungen, wird nie langweilig. Später mehr...

So bunt wie das von mir abgemalte Cover bleibt auch der Roman sowie das Land, in dem er spielt: Indien. 1000 Seiten in sehr kleiner Schriftart sind aber eine Herausforderung, ein dicker Wälzer eben, der noch dazu nicht gut in der Hand liegt beim Herumwälzen während der Bettlektüre. Deshalb will ich nicht zu viel Zirkus machen um diesen klassischen Irving.

 

Zum guten Schluss komme ich nun:

Dr. Farrock Daruwalla wird nicht aufhören, sein Indien zu bereisen und uns sein Lied davon zu singen...

Der Weihnachtshund für jede Jahrezeit... (30.08.2017)

"Kurt feiert heuer Weihnachten wie üblich daheim."

(1. Satz)

 

Kurt ist ein Deutsch-Drahthaarterrier, sein "Herrl" (Herrchen) heisst Max (34), einfreiberuflicher Journalist. Den "Weihnachtshund" kann man zu jeder Jahreszeit lesen und sich dabei auch am Strand bei hochsommerlichen Temperaturen bestens amüsieren. Wie auf dem Cover zu lesen, gibt es keine Seite, auf der man nicht zum Lachen animiert wird, wirklich köstlich zu lesen genau wie damals vor Jahren schon Glattauers "Nordwind". 

 

Kurt ist so was von ruhig und bewegungsmuffelig wie sein Sessel, unter dem er immer seinem Herrl zu Füßen liegt. Er scheint erst etwas neugieriger zu werden, als Katrin Schulmeister-Hofmeister in sein Leben tritt und in das seines Herrl und alle drei auf wundersame Weise in der Adventszeit zueinander zu finden scheinen, obwohl Max an einer stark ausgeprägten Kussaversie leidet. Liebe ohne Küssen geht doch nicht, oder?!? Und das ist alles so schön zu lesen, weil Glattauer so wahnsinnig kreativ, witzig, charmant und humorvoll erzählen und schreiben kann. Ich habe mich Hals über Kopf in diesen Weihnachtshund verschossen...

"Dann legte er sich unter seinen Sessel und schlief!" (Letzter Satz)

Ganz junge Liebe in Mazedonien (08.08.02017)

Ich gestehe: die äußere Schönheit eines Buches zieht mich doch immer wieder an. Ich liebe Taschenbücher, die die Klappe aufreißen sprich die hinten und vorn einklappbar sind, ein angefalztes Lesezeichen haben. Die Farbe Sephia gefällt mir ebenso wie Cousine Emilia auf dem Hochdrahtseil. Es ist eine Reise ins Mazedonien der 40iger Jahre, also während der Kriegsjahre. Cousin (Ich-Erzähler) und Cousine erleben ihre Jugend in liebevoller Verbundenheit und mit ganz vielen phansasievollen Geschichten, 18 sind es insgesamt, die einen Roman ergeben. Ich ergebe mich nun vor der Schreibkunst des Autors und in die Lektüre....

 

Auf allseits gute Lesezeiten....

 

 

 

"Meine frühesten Erinnerungen an Emilia sind mit dem Auftauchen der Elefanten in unserer Stadt verbunden" (1. Satz)

 

Da zieht aber kein Zirkus durch die Straßen der mazedonischen Hauptstadt Skopje, es ist nämlich Kriegszeit. Und der damalige Zoo hatte noch keine Elefanten, die eventuell entflohen sein konnten. Wo kommen die Elefanten also her, die seine Cousine Emilia und er (der Ich-Erzähler) in ihrer Jugendzeit gesehen haben an jenem geheimnisvollen Tag in den Vierzigern? Fiktion und Wirklichkeit mischen sich magisch in Urosevic' Roman, den ich zweimal nun gelesen habe, weil er auch sprachlich so gewaltig und ergiebig ist. Für mich ist diese Prosa wahre Schreibkunst, Literatur vom Feinsten und eine gefühlvolle Ersteliebesgeschichte obendrein. Kann ich nur jedem wärmstens ans Herz legen.

 

"Isabella", flüsterte sie, "aber nenn mich Emilia." (Letzter Satz)

Ich habe den Tiger im Lesestoff-Tank...(12.07.2017)

"Alle, die glaubten, die Kunst des Erzählens sei tot: lasst sie voll Erstaunen und Freude Yann Martel lesen...eine Geschichte, die Sie an Gott glauben lässt...Fantastisch, verwegen, atemberaubend, wahnsinnig komisch."

 

Dieser Klappentext machte mich neugierig und aufmerksam. Schon die Vorbemerkung des Autors ist ne Wucht...

"Man hat sich Gestalten einfallen lassen, die so vor Leben strotzen, dass sie eigentlich Geburtsurkunden bräuchten!"

 

Ich leg dann einfach mal los...bis später!

 

Ein grandioses Buch, eine wahnsinnige Geschichte, zutiefst menschlich und lebensweise dazu. Dieser Roman bewegt dein Innerstes, ich gehe gestärkt aus ihm hervor, voller Zuversicht auf mein Restleben, voller Lebenslust und Vorfreude auf das, was da noch kommen mag. Wer so einen Schiffbruch gar mit Tiger überlebt weil miterlebt, wenn auch nur in der Phantasie, im Kopf, den wirft im Leben gar nichts mehr um. 

 

Bücher...Bücher über alles...Lesestoffe noch und nöcher! (12.07.2017)

"Verloren im Schatten der Regale, falle ich fast von der Leiter." (1. Satz)

 

Bücherregale mit Leiter, da werde ich hellhörig und schwach. In der "sonderbaren Buchhandlung des Mr. Penumbra" gibt es reichlich und besonders hohe davon.

 

Als Clay Jannon seinen Job als Webdesigner verliert, meldet er sich auf eine Stellenanzeige hin bei Mr. Penumbra, der in San Francisco eine alte, verstaubte Buchhandlung betreibt, die rund um die Uhr geöffnet ist. Clay übernimmt die Nachtschicht, und bald ist ihm klar, dass hier irgendetwas nicht stimmt: Die Kunden kaufen nichts, sondern leihen die Bücher nur aus, drei Stockwerke hohe Regale beherbergen riesige Folianten, die keine Texte beinhalten, sondern nur ellenlange Reihen aus Buchstaben. Nach und nach findet Clay heraus, dass Mr. Penumbra und seine Kunden einem uralten Geheimnis auf der Spur sind. Mit der Unterstützung seiner Freundin Kat und seines ältesten Kumpels Neel, sowie der Weisheit von Mr. Penumbra, macht sich Clay daran, dieses Geheimnis zu lüften. Ein Geheimnis, das bis in die Anfangszeiten des Buchdrucks zurückreicht.

Das Geheimnis ist letztlich nichts Weltbewegendes, die Geschichte dorthin ist aber spannend, weil sie so viele und vieles bewegt hat. Leider kein Happy End für die Liebe. Kat und Clay gehen getrennte Wege, ich hätte sie gern zusammen kommen und bleiben sehen. Aber man kann ja nicht alles haben als Leser. Fazit des Autors kurz vor dem letzten Satz:

 

"Das Leben muss eine offene Stadt sein, mit allen möglichen Wegen, auf denen man wandeln kann."

 

Und dann noch der letzte Satz, der mir auch sehr gut gefällt:

 

"Ein Verkäufer  und eine Leiter und ein warmes goldenes Licht, und dann: genau das richtige Buch, genau zur richtigen Zeit!"

 

Mögen mich noch viele gute Bücher finden in der Lesezeit, die mir noch bleibt und von der ich nicht genug kriegen kann.

 

Wenn ich von einem Buch nicht genug kriegen kann! (21.03.2017)

"Eine klirrend kalte Februarnacht, London versinkt im Schnee." (1. Satz)

 

Xavier Ireland (Mitte 30) moderiert in London eine beliebte Nachtsendung im Radio zusammen mit seinem stotternden Freund und Produzent Murray. Sie beraten und bestärken Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht einpennen können. Dabei hat der Superpsychodoktor selbst ein Kreuz zu traten bzw. er hat es vorübergehend in seiner Single-Garage abgestellt. Bis seine neue Putzfrau Pippa erstmals bei ihm das große Reinemachen beginnt, und zwar an einem Samstag, wie sie auf einem Speed-Dating-Event vereinbart haben: "Ich könnte am Samstag", schlägt Pippa ihm vor. Er willigt ein, und damit auch in ein ganz neues, aufregendes Leben voller Überraschnungen und Wendungen, mal schön, mal weniger schön, aber immer voller Leidenschaft. Richtiges Leben schafft halt auch Leiden. Und als ich diesen Roman geschafft hatte, war ich auch geschafft, aber im positiven, geläuterten Sinne: Dieser Roman gibt Kraft und Freude fürs Leben. Deshalb lese ich ihn gerade zum zweiten Mal...der ist so ergiebig!

"Auf jeden Fall spürt Xavier, als er zu Boden fällt, dass alle möglichen Dinge gerade erst beginnen." (Letzter Satz)

Wenn Leben ein einziges Trinkfest wird...(06.03.2017)

"Die vermeintliche Rückkehr von Tante Rosie nach Reetveerdegem war ein angenehmer Schock im Leben unserer vollkommen nichtsnutzigen Männer , von denen ich einer im Werden war." (1. Satz)

 

Dimitri Verhulst ist der Ich-Erzähler und mit seinen 13 Jahren stark im Kommen.Das liegt an seinem Vater,seinen drei Onkeln und an seiner Großmutter Maria, mit denen der junge Mann auf engstem Raum in wirklich chaotischen, messiegleichen Verhältnissen in einem kleinen belgischen Kaff sozusagen am Arsch der Welt zusammen lebt, leben muss, er hat ja keine Wahl, noch nicht. Die Dinge samt Leben sind hier verdammt beschissen, aber oder gerade deshalb machen die Verhulsts ihr Ding, voller Kreativität, Authenzität und nie ohne Sinn für Humor.Das alles ist sehr amüsant zu lesen, obwohl mir oft zum Heulen zu Mute ist und ich manchmal mitkotzen könnte vor Ekel, wenn die Dinge in Reetveerdegem sich so beschissen entwickeln. Viel passiert unterhalb der Gürtellinie, schonungslos beschreibt Dimitri Verhulst die Feuchtgebiete innerhalb seiner Familie, in denen er sich über Wasser halten muss. Sie alle sind wahre Meister im Meistern ihres beschissenen Alltags.  Ich liebe Bücher mit dieser durchgeknallten Schreibe und tragikomischen Geschichten. 

 

"Noch eine Stunde, denke ich, während mein Kleiner ganz allein in der Kabine steht, zum Vergnügen der Umstehenden das Lied von kleinen Entchen im Klosett kräht und völlig unbeschwert fröhlich vor sich hin pieselt!" (Letzter Satz)

 

 

Völlig durchgeknallt, diese Iren...(27.01.2017)

"Nein, nein., nein...nein, das war nicht so plant, ganz und gar nicht!" (1. Satz)

 

Genau da werden die Geschichten erst so richtig interessant, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Ein Plan B muss her, oder gar C, ja eigentlich müsste das ganze Alphabet verplant werden für die ganzen Unabwegbarkeiten in diesem Roman. Langweilig wird es nie.

Der Bibliothekar ISRAEL ARMSTRONG aus London will in der irischen Provinz irgendwo im Nirgendwo an der Küste seine erste Stelle antreten als Leiter der Bezirksbibliothek. Die ist aber geschlossen, als er dort eintrifft, findet er nur einen uralten, verrosteten Bücherbus vor, aber nicht voller Bücher, leer und entkernt, nichtmals Regale drin. Das ist LESESTOFF für die Bücherwürmer dieser Welt, kreativ und sprachwitzig geschrieben, wie ich es besonders liebe. Ich habe diesen Roman verschlungen mit Haut und Haaren. Ich liebe dazu die Mentalität der Iren, seit ich die Asche von Frank McCourts Mutter schmecken durfte. Iren sind so sehr menschlich, tragisch, urkomsich, warmherzig, trinkfest, ärmlich bis bettelarm,erfinderisch, stolz, dickköpfig, manchmal auf grob. Ich liebe Geschichten aus der Welt der Bücher, besonders derer auf Rädern. Mögen solchen Bücher nie unter die Räder kommen.

 

"Das war absolut nicht so geplant gewesen." (Letzter Satz)

Einfach losmarschieren...(12.01.2017)

"Der Brief, der alles verändern sollte, kam an einem Dienstag."

(1. Satz)

 

Wenn Christine Westermann auf dem Cover ein Buch empfiehlt, das sie "verzaubert" hat, werde ich hellleserig, sprich neugierig auf einen Bestseller, der 2012 erschienen ist und bisher aber nicht in meinem Leseradar auftauchte. Mein Bücherwurmprojekt und Frau Literaturpäpstin Westermann schenkten mir meinen aktuellen, wirklich zauberhaften Lesespaß. 

 

Harold Fry ist etwa zehn Jahre älter als ich, bereits ein halbes Jahr in Rente, mindestens silbrig verheiratet mit Maureen, sein Sohn David ist schon ausgezogen aus seinem so trauten Heim an der Südküste Englands in dem kleinen Ort Kingsbridge. Von einer Minute zur nächsten macht er was völlig Durchgeknalltes für seine Lebensverhältnisse: und zwar macht er sich als völlig unsportlicher Rentner und ohne jedwede Vorbreitung zu Fuß auf den Weg ins ca. 800 Kilimeter entfernte Berwick an der schottischen Grenze. Dort wohnt seine frühere Arbeitskollegin Queeny Hennessy bzw. sie liegt dort im Sterben, unheilbar an Krebs erkrankt, wie sie ihm in einem Brief mitgeteilt hat. 20 Jahre haben sie sich nicht gesehen. Er verlässt das Haus, will nur eben einen Antwortbrief in den Postkasten werfen und marschiert einfach immer weiter. Er hat plötzlich die Eingebung, dass er Queeny vor dem Krebstod  retten kann, wenn er diese "Pilgerreise" durchzieht. Ja, nicht nur ich frage mich natürlich, ist dieser Mann von allen guten Geistern verlassen worden? Hat ihn eine Art Altersverwirrung wie ein Blitz getroffen? Müsste man ihn nicht sofort wieder einfangen lassen? Nach der Hälfte der knapp 400 Seiten weiß ich, dass diese Pilgerreise des Harold Fry mehr als überfällig war und eine hochspannende, aufregende und altersweise Lebensgeschichte aufblättert, die ich am Ende niemals wieder missen möchte, da bin ich mir jetzt schon ziemlich sicher. 

 

"Ohne einander loszulassen, standen sie am Wasser und schütteten sich vor Lachen."

(Letzter Satz)

Die Stadt der Träumenden Bücher...(21.10.2016)

...heisst BUCHHAIM im Lande Zamonien. Hatte ich vorher noch nie von gehört! Bis der Bücherwurm mir den Roman von Walter Moers angespült hat. Normalerweise dachte ich, meinen Lesehunger nach phantastischer Literatur mit dem"Herrn der Ringe"und den Hobbits für alle Lesezeit der Welt gestillt zu haben.Weit gefehlt, ich hatte die Rechnung ohne meinen Bücherwirt gemacht! Neben dem Titel weckte mein Leseinteresse derfolgende Text auf der Rückseite des Covers: "Es ist die größte, schönste Liebeserklärung an das Lesen und die Literatur, die in diesem Jahr zu haben ist", schrieb DIE WELT! Das war im Jahr 2006, als das Taschenbuch erschienen ist. Ich begreife bis heute nicht, warum dieser Literaturkelch voll süßlichstem "Kometenwein" (ein Zaubertränk aus dem Buchhaimer Untergrund) an mir bislang vorübergezogen war. In BUCHHAIM träumen die Milliarden Bücher davon, gelesen zu werden, also zurück ins Leben geholt zu werden, so wie die Bücher in meinen Bücherwürmern auch. Ich bin begeistert von diesem Bücherwurmfund, ich will euch da draußen von meiner spannenden Lesereise auf einer extra Seite in der linken Spalte erzählen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass mich ein Buch der Fantasyliteratur noch einmal so bewegen würde...

Auf gehts in die "Stadt der Träumenden Bücher"...

David Foenkinos - ein junger, aber gar nicht wilder Franzose im Bücherwurm (12.08.2016)

Diesmal hat mir der Bücherwurm einen jungen (1974 geboren) französischen Autor an meinen Lesestrand gespült in Form von zwei Romanen: Erst "Natalie küsst" und jüngst "Zum Glück Pauline", und ich muss sagen, zu meinem großen Leseglück. Es geht um Beziehungskisten und Umzugskartons, sprich, um Trennungen und Wiedervereinigungen, um Liebe, um das Leben schlechthin und am Ende wird doch noch alles gut. 

 

"Man spürt gleich, wenn so etwas anfängt!" (1. Satz)

 

Mr. Namenlos (das ist mir völlig neu, dass ein Ich-Erzähler und Romanheld namentlich nicht genannt wird.Vielleicht will der Autor damit deutlich machen, dass jeden von uns so ein Schicksal wie eine Midlifekrise treffen kann.) hat zunächst nur RÜCKENSCHMERZEN, eine Frau (Elise), eine Tochter und einen Sohn, die bereits aus dem Haus sind, einen mobbenden Kollegen, ein Handvoll Freunde, auf ihn rum hackende Eltern und schon bald auch keinen Job mehr in dem Architekturbüro in Paris. Er macht sich auf eine Reise, räumt sein Leben auf und versucht, bedingungslos ehrlich durch das gleiche zu gehen. Und zum Glück gibt es am Ende für ihn Pauline.

 

"Die Schmerzen hatten vollkommen aufgehört, was für eine unendliche, wahnsinnige Freude, ich hatte Lust, allen Leuten davon zu erzählen." (Letzter Satz)

 

Wahnsinnig gute Schreibe, Lesespaß pur. Müsst ihr von kosten. Und ich will noch mehr von ihm! Kann gar nicht genug kriegen. Also, lasst mich nicht so lange warten in meinem Bücherwurm auf neuen Lesestoff von David Foenkinos....

Als Normalo mitten unter "Hirnis" und "Dödln" (17.03.2016)

Joachim Meyerhoff „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war?“ TB, 351 Seiten, KiWi-Verlag, 2015

Dann schien wohl alles nur so zu sein, nicht wirklich, bei den Meyerhoffs mitten drin und voll dabei unter den „Irren und Hirnis“ am Hesterberg in Schleswig, im hohen Norden also, könnte man annehmen, etwas unwirklich kommt mir die Geschichte nun beim Lesen als sogenannter „Normalo“ auch immer wieder vor. Meine holde, belesene Gattin ist in einer Talkshow auf den Autor aufmerksam  geworden, hat sich das Buch zu Weihnachten gewünscht und bekommen und mich dann durch ihre Art des Lesens abends im Lesesessel sehr neugierig gemacht. Sie musste immer wieder laut auflachen und kommentierte unzählige Passagen mit „köstlich, wunderbar, einfach klasse“. Wir tauschten auch schon bald unsere Lektüre aus, sie zog auf die Insel Zomparo zum Mann mit den goldenen Ohren und ich ins Irrenhaus am Meyerhoffschen Hesterberg, des Autors Vater war hier Direktor und lebte mit seiner Frau, zwei weiteren Söhnen (ein älterer, ein mittlerer) und einem Hund in einem großen Haus mitten auf dem Anstaltsgelände. Ist schon verrückt, aber Sohnemann begegnet täglich einem Heer aus geistig, körperlich und seelisch behinderten Menschen, fast schon Normalität für die Söhne des Psychiaters. Ich frage mich, wie färbt das auf einen Jungen ab, wenn er ganz „normal“ im Irrenhaus aufwächst. Antwort: er ist ein angesehener, erfolgreicher Schauspieler und Schriftsteller geworden.

 

„Mein erster Toter war ein Rentner.“ (1. Satz)

 

Wie  viele kommen da denn noch, mag man sich fragen. Ich will nicht zu viel verraten, zum Ende hin werden die Geschichten immer trauriger, aber vorher habe ich mich beim Lesen wirklich köstlich amüsiert. Man muss sie einfach lieb gewinnen, diese „Hirnis“ und „Dödels“, wie die Patienten unter den Brüdern genannt werden. Nach diesem Buch ist man, ich will nicht sagen, ein anderer Mensch, aber ich gehe tief bewegt und gestärkt aus dieser Geschichte hervor. Sie macht mich noch demütiger und dankbarer für das Leben, was ich bisher leben durfte und hoffentlich noch lange leben darf. Damit meine ich auch die vielen Bücherleben, die mir so begegnet sind.

 

„Er verschwand und tauchte wieder auf, verschwand und tauchte wieder auf. Mehr nicht.“ (Letzter Satz)

Der Herbert hat es faustdick hinter den Schriftstellerohren (28.01. 2016)

„Der Mann mit den goldenen Ohren“ von Herbert Rosendorfer (erschienen 2011 bei Kiepenheuer & Witsch, 248 Seiten, gebunden) hat es faustdick hinter den gleichen, genauso wie der Autor, was Humor, Witz und Erzählcharme angeht. Der Lesespaßfaktor ist gigantisch. Man sieht es dem dichtenden Richter (das war sein bürgerlicher Beruf, ein Jurist also), der aber kein richtender Dichter war, wirklich nicht an, dass er so kreativ und wortwitzig und wortschöpferisch und sprachverspielt erzählen kann. Der Mann mit den goldenen Ohren heisst im Roman Atti Kasparian und ist ein osteuropäischer, steinneureicher Mogul, der eines Tages mit seiner Erstjacht (er hat auch noch eine Zweitjacht, einen Hubschrauber, einen konzernähnlichen Dienerstab und vieles mehr) vor der kleinen italienischen Insel Zompara ankert, zum Staunen der Ur-Zomparesen. Hierzu gehört auch inzwischen der Ich-Erzähler Felix Mahr, ein Maler und vierfacher Ehemann auf diesem malerischen Eiland. Zusammen mit seinen Künstlerfreunden Caesar (Bestsellerautor) und Horadam (ein Installionskünstler und Joseph-Beuys-Schüler) genießen sie Wein, Weib und Gesang und immer wieder das ein oder andere Pilsener Urquell, für dessen Nachschub Horadam sorgt. Sorgen müssen sie sich allerdings um ihr kleines Inselparadies, als Großmogul Kasparian beginnt, sich auf Zompara niederzulassen und eine Sogwelle an touristischem, schickimickischen, jetsetischen Wahn auslöst. Es scheint so, als könne sich der Mann mit den goldenen Ohren wirklich alles leisten und kaufen, aber es scheint Gott sei Dank nur so, und am Ende siegt die Liebe, die sich nun mal niemand, absolut niemand kaufen kann.

Diesen Roman kann ich nur empfehlen, ich will jedenfalls alles noch lesen von dem bereits 2012 verstorbenen Herbert Rosendorfer. Sein literarisches Werk ist sehr umfangreich. Ich hoffe darauf, dass mir Teile davon im Bücherwurm zuflattern….

 

„Irgendwann erschlage ich ihn noch!“ (1. Satz)

 

„Das leben ist merkwürdig, Veracci  habe ich noch immer nicht erschlagen, und ich überlege, ob….“ (Letzter Satz)

 

Luca Veracci ist Mahrs Galerist auf Zompara, der ihn ständig mit seinen Bildern übers Ohr haut.

Bis über beide Ohren in Bücher verliebt...(Januar 2016)

„Der Buchladen zum Verlieben“ von Katarina Bivald

erschienen 2014, btb-Verlag München, 445 Seiten, gebunden

 

Auf der Rückseite des Buchumschlages wird gefragt: „Was lieben Sie mehr? Bücher oder Menschen?“ Nach dieser Lektüre fällt es schwer, die Frage zugunsten der Menschen zu beantworten, obwohl man ja eigentlich die Bücher nicht losgelöst von den handelnden Menschen darin (sieht man von Sachbüchern und Bildbänden ab) betrachten kann. Dieser dicke Wälzer ist wirklich jede Seite wert und auch beim 2. Lesen noch sehr ergiebig. Ich bin mir ganz sicher, dass ich den „Buchladen zum Verlieben“ in den nächsten Wochen, Monaten, Jahren immer wieder zur Hand nehmen werde, um darin zu lesen. Es gehört in den Koffer, den ich unbedingt auf eine einsame, rettende Insel mitnehmen müsste, würde ich eines Tages dahin verschlagen.

 

Dabei ist die Handlung nicht gerade spektakulär. Eine junge Frau (Sara Lindquist, 28 Jahre jung aus Schweden, arbeitslose Buchhändlerin,) macht sich auf die Reise in die USA, um dort ihre Brief- und Bücherfreundin Amy Harris (65) für einige Monate zu besuchen. Sie strandet in dem verlassenen Nest „Broken Wheel“ in Iowa, einer amerikanischen Geisterstadt sehr ähnlich. Und zu allem Übel ist ihre einzige Bezugsperson dort gerade gestorben, sie kommt lediglich noch rechtzeitig zu Amy Harris’ Beerdigungsfeier. Ihre Brieffreundin bleibt aber während des gesamten Romans für den Leser präsent durch die regelmäßigen Briefeinschübe von Amy an Sarah  aus den letzten Monaten. Jeder normale Mensch wäre wahrscheinlich in dieser Situation sofort wieder heimgeflogen, Sara Lindquist bleibt, und natürlich möchte man erfahren: WARUM? Und ich kann Ihnen versichern: jetzt weiß ich es, und es war eine verdammt interessante Lesereise bis zu dieser Erkenntnis. Es war zum Heulen und zum Lachen, zum Mitfiebern, zum Mitleiden, niemals langweilig, nicht mals ein Satz lang. Und das lag an den Menschen, die Sara in Broken Wheel getroffen und lieben gelernt hat. Und natürlich an der Liebe zum Lesen und zu Büchern, die uns alle vereint. Ich will nicht zu viel verraten, lesen Sie diesen Roman, vertrauen Sie mir als Bücherwurm und Bücherliebhaber und Literaturfan.

 

Erster Satz:

„Die fremde Frau in der Hauptstraße von Hope sah schon fast erschreckend alltäglich aus.“

 

Letzter Satz:

„Sie würde Broken Wheel heiraten, Und sie würden glücklich bis ans Ende Ihrer Tage“

 

Fazit:

Eine Gänsehaut folgt der nächsten. Eine wunderbare Geschichte, ich bin einfach nur glücklich, dass es solche Romane gibt und solche Autoren, die solche Bücher schreiben können. Ich fühle mich wirklich besser nach dieser Lektüre, wie auf dem Umschlag versprochen. Dieser Roman hält, was er verspricht, mehr noch!“

Von Prinzen und Prinzessinnen auf vier Beinen. (17.12.15)

Prince ist ein kastrierter Labradorrüde und lebt bei und mit den Hunters (Adam, Kate, Hal und Charlotte, später kommt noch Grandma Margarete hinzu) in einer mittelgroßen Stadt in England mit Familien- und Gassiparkanschluss. Er erzählt aus der Ich-Perspektive sein aufregendes Hundeleben, er kann sprechen und denken, hat eine Mission, nämlich seine Familie zu beschützen vor allem Bösen, dass in der Welt da draußen lauert. Wer ein Hundemensch, ein Tierfreund, gar ein Hundehalter ist, wird diesen Roman verschlingen, so wie unsere Mischlingsprinzessin MOUSE daheim ihr Futter zweimal täglich in sich hinein saugt. Aber Vorsicht ist bei der Lektüre geboten: Was so beginnt wie eine lustige, unterhaltsame Familiengeschichte entpuppt sich als hundsgemeiner Thriller, als ein Familiendrama hoch fünf, als ein bewegender, hochemotionaler Kriminalroman, man muss schon einiges wegstecken können auf der Gefühlsskala von wahnsinnig glücklich bis tottraurig. Dieser Roman von Matt Haig ist nicht nur inhaltlich ein Genuss sondern auch literarisch und sprachlich ein Kunstwerk, etwas ganz Besonderes. Nach dem Lesen fühle ich mich wunderbar gestärkt und bereichert, vorweihnachtlich beschenkt. Danke, Bücherwurm!

"Ausdruckstanz ist auch keine Lösung" Andreas Scheffler (02.09.2015)

„Ausdruckstanz ist auch keine Lösung“, meint Andreas Scheffler, er mit seiner Schreibe könnte es durchaus sein, jedenfalls für mich! Natürlich wieder eine Entdeckung aus dem „Bücherwurm“, ich fühle mich in letzter Zeit reichlich beschenkt. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, auf welche Tierarten man ohne Verlust verzichten könnte? Da bin ich mir mit dem Autor einig: Mücken insbesondere die, die stechen, wollen wir nicht mehr haben. Mücken gehören in die Brieftasche oder aufs Konto, nirgendwo anders hin. Einfach köstlich Schefflers Geschichten aus seinem Alltag in Gütersloh und später auch in Brandenburg. Wie schreibt er auf seiner Homepage:

"In meinen Geschichten geht es ja fast immer darum, dass mir alle möglichen Kleinigkeiten des Lebens selbiges erschweren, mitunter sogar zur Hölle machen oder mir verschiedene Zeitgenossen furchtbar auf die Nerven gehen oder auch eigene Unzulänglichkeiten für Verdruss sorgen. Alle diese Dinge und Personen, seien es schlimme Autofahrer, Bielefelder Punks, die meinen Partykeller belagern, nervige Menschen an der Supermarktkasse, dumme Nachbarn, ungefragte Ratgeber, Eltern, Insekten, Bräuche, eigene Gedächtnislücken, Marotten, der Zeitgeist, Sammelleidenschaften - alle behaupten erst mal, sie seien ganz harmlos und würden quasi nur spielen wollen. Aber dann hat man sie ganz schlimm an den Hacken ..."

Er nimmt das alles aber mit viel Humor und verliert nie den Respekt zu seinen oft so nervenden Mitmenschen. Man spürt in jedem Satz, dass er sich verdammt wohl fühlt in seiner Haut und in seinem Leben. Und ich mich mit seinem Geschichtenband, absolut lesenswert und literarisch ergiebig!

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© Autor Wolfgang Pache